Frage an Christian Schmidt von Andrea V. bezüglich Landwirtschaft und Ernährung
Pendimethalin und Prosulfocarb Rückstände durch Windeintrag in Bioprodukten
Sehr geehrter Herr Schmidt,
heute wurde in Dradiokultur berichtet, dass in Biofenchel für Kindertees aus der Schorfheide Chorin (10.000 Hektar zusammenhängendes Gebiet von Bio-Bauernhöfen) die Herbizide Pendimethalin und Prosulfocarb über den Wind eingetragen wurden und in messbaren Mengen nachgewiesen werden konnten.
Der Bauer musste den Fenchel zurücknehmen und unter Verlust als gespritzten Fenchel verkaufen. Welches Bundesamt ist eigentlich für die Überwachung der Spritzmitteleinträge in Böden und Wasser zuständig? Wieso werden Giftrückstände anscheinend nur durch die verarbeitende Industrie gemessen und nicht durch unsere Verwaltungsbehörden? Gibt es beim Landwirtschaftsministerium oder irgendwo in einem unserer vielen Ministerien einen Topf, der Biobauern ihre Einkommensverluste ausgleicht, wenn in ihren Produkten Rückstände von Herbiziden, Fungiziden etc. gemessen werden?
Wie wollen Sie als Minister für Landwirtschaft mit dieser Eintrags- und Rückstandsproblematik umgehen?
Mit freundlichen Grüßen
Andrea Vogel
Sehr geehrte Frau Vogel,
vielen Dank für Ihr Interesse an den Themen meines Hauses. Als Bundesminister für Ernährung und Landwirtschaft ist mir die nachhaltige und umweltgerechte Bewirtschaftung unserer Felder ein wichtiges Anliegen. Zur Verbesserung der Rahmenbedingungen – auch für ökologisch wirtschaftende Landwirte und ihrer Marktpartner – setze ich an der gesamten Wertschöpfungskette an: von der Erzeugung über den Absatz, die Verarbeitung bis zur Vermarktung. Mein Ziel ist es, die Qualität und Produktivität zu verbessern und den Erwartungen der Verbraucher an besondere Qualität, Herkunft und Preis gerecht zu werden.
Zu den konkreten Fragen möchte ich Ihnen folgende Informationen geben: Was die Messung der Höhe von Rückständen durch die verarbeitende Industrie angeht, so gilt die so genannte Sorgfaltspflicht des Lebensmittel-Unternehmers. Demnach sind in erster Linie die Erzeuger, Hersteller und Händler für die Lebensmittelsicherheit verantwortlich (Verordnung (EG) Nr. 178/2002 vom 28. Januar 2002). Sie müssen durch umfassende Eigenkontrollen dafür sorgen, dass nur sichere Erzeugnisse auf den Markt gelangen und die gesetzlichen Höchstgehalte eingehalten sind. Zu diesen Eigenkontrollen gehören auch Laboruntersuchungen. Diese haben in firmeneigenen oder privaten Dienstleistungslaboratorien zu erfolgen, die generell auch eine staatliche Anerkennung haben. Der Lebensmittelunternehmer trägt somit die primäre rechtliche Verantwortung für die Gewährleistung der Lebensmittelsicherheit.
Hinzu kommt die Lebensmittelüberwachung durch die zuständigen Behörden der Länder. Die Lebensmittelüberwachung erfolgt in der Regel auf allen Stufen der Lebensmittelkette (Produktion, Verarbeitung, Vertrieb). Die Länder stellen risikoorientierte Pläne zur Probenahme auf. Im Verdachtsfall können die Behörden zudem kurzfristig Schwerpunktsetzungen bei der Probennahme und -untersuchung vornehmen. Zu den Aufgaben der Lebensmittelüberwachung gehört u.a. die stichprobenweise, unangemeldete, in ihrem Umfang nicht festgelegte Kontrolle.
Für die Überwachung von Pflanzenschutzmitteleinträgen in Böden und Gewässer sind ebenfalls die Länder zuständig. Das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) – eine unabhängige Einrichtung im Geschäftsbereich meines Ministeriums – koordiniert in Abstimmung mit den Behörden der Länder das Pflanzenschutz-Kontrollprogramm.
Sowohl die Festsetzung von Pflanzenschutzmittelrückständen in Lebensmitteln als auch deren Kontrolle sind in Deutschland umfassend geregelt. Für den Zeitraum von 2009 bis 2014 wurden von den zuständigen Behörden der Länder 44.975 Proben auf den Wirkstoff Pendimethalin untersucht, davon 3.976 Bioproben. Quantifizierte Rückstände von Pendimethalin wurden in 900 Proben gefunden (882 in konventionellen und 18 in Bioproben). Die gefundenen Rückstände wurden in 31 Proben (nur in konventionellen Proben) als Höchstgehaltüberschreitung bewertet.
Aus dem gleichen Zeitraum liegen für den Wirkstoff Prosulfocarb Ergebnisse zu 39.389 Proben (35.806 konventionelle und 3.583 ökologische Produkte) vor. Quantifizierte Rückstände wurden in 137 Proben gefunden (129 in konventionellen und acht in Bioproben). Überschreitungen des Höchstgehaltes gab es dabei lediglich in vier Proben (konventionelle Erzeugung).
Das für Pflanzenschutzmittelzulassungen zuständige BVL prüft unter Einbindung der zuständigen Bewertungsbehörden im Fall der Wirkstoffe Pendimethalin und Prosulfocarb, ob die vorliegenden Unterlagen eine Neubewertung dieser Wirkstoffe erfordern. Diese Prüfung ist noch nicht abgeschlossen.
Darüber hinaus lasse ich in meinem Haus ein Monitoringkonzept für Pestizidwirkstoffe in der Luft erarbeiten.
Was mögliche Einkommensverluste von Biobauern angeht, so gilt: Für Schäden, die durch den Eintrag von Pflanzenschutzmitteln entstehen, haftet der Verursacher.
Mit freundlichen Grüßen
Christian Schmidt MdB
Bundesminister