Frage an Christian Schmidt von Heiko M. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Liebe Herr Schmidt,
seit einiger Zeit beschäftige ich mich intensiver mit dem Thema Politik und unserem Wahlsystem im speziellen. Ich habe über unser derzeitges System nachgedacht und frage mich, warum wir zwar Vertreter unserer Interessen wählen können, nicht aber unsere Interessen selbst vertreten können?
Warum müssen wir erst eine Partei wählen die für uns entscheidet, wenn wir doch mittlerweile technisch in der Lage sind uns selbst schnell mit Informationen zu versorgen und auch selbst abzustimmen (Internet).
Wenn ich mir die Einzelnen Wahlprogramme der Parteien anschaue, dann stimmt immer nur ein Teil meiner Interessen damit überein. Wenn ich Projekte, einzelne Gesetzesänderungen etc. direkt wählen könnte, wäre ich in meinen Entscheidungen viel freier. Außerdem hätte ich dann ein besseres Gefühl, da eine Masse von Einzelnen nicht so leicht durch Lobbyisten manipuliert werden kann. Und ich müsste nicht die Partei wählen, die mir am meisten verspricht, sondern wähle direkt das Versprechen.
Unser aktuelles System war aus meiner Sicht berechtigt, weil es früher schlicht unmöglich war Bürger direkt an einer Vielzahl von Entscheidungen zu beteiligen. Volksabstimmungen können aber doch heute unter Zuhilfenahme von modernen Kommunikationsmitteln sehr viel schneller bewerkstelligt werden.
Ich frage Sie, welche Vorteile hat unsere aktuelle repräsentative Demokratie gegenüber einer von Parteien bzw. Politikern befreiten Basisdemokatie?
Ich weiß natürlich, dass Sie sich ungerne selbst abschaffen würden, aber ich schätze Ihre Arbeit und Ihre Person, sodass ich einfach auf eine ehrlich Antwort hoffe.
Was kann ich als Einzelner unternehmen um mein Interesse, dem Wechsel der repräsentativen in eine parteien- und poltikerlosen Basisdemokratie zu vertreten? Normalerweise würde man ja eine Partei wählen, dass kann ich ja nicht, weil ich genau diese ja abschaffen möchte.
Ist ein Wechsel des System überhaupt möglich? Wenn ja, was genau kann ich tun?
Vielen Dank
Sehr geehrter Herr Mettelsiefen,
als Befürworter der repräsentativen Demokratie bin ich sehr skeptisch, was z.B. Volksentscheide auf Bundesebene angeht.
Das „ja“ oder „nein“ steht am Ende einer sehr langen Beratung, Vorbereitung und Abstimmung von Fakten, zu beachtenden Konsequenzen und auch rechtlichen Begrenzungen. Der Wille, alles im Rahmen unser 81 Millionen Mitbürgerinnen und Mitbürger per Mausklick abzustimmen, kann eigentlich nur dann wirksam werden, wenn sich Bürgerinnen und Bürger auch in mehreren Lesungen, Verbandsanhörungen mit Rechtsgutachten etc. beschäftigen und dann eine Entscheidung finden.
Wer kontrolliert Verwaltung, wer befasst sich im Detail mit Regelungen? Diese Fragen wären zu klären.
Elemente der direkten Demokratie können die parlamentarische Demokratie aber ergänzen. Auch innerhalb der CSU werden Möglichkeiten für eine weitere Öffnung für die Mitwirkung der Bürger diskutiert.
Der Wesenskern der Verfassung, der Grundrechte und der föderalen Ordnung müssen aber m.E. davon ausgenommen bleiben.
Mit freundlichen Grüßen
Christian Schmidt MdB
Bundesminister