Frage an Christina Schwarzer bezüglich Innere Sicherheit

Christina Schwarzer
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CDU
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Frage von Bianco V. •

Frage an Christina Schwarzer von Bianco V. bezüglich Innere Sicherheit

Sehr geehrte Frau Schwarzer,

welche Position vertreten Sie bezüglich der am 15.04.2015 vorgestellten Leitlinien des BMJV zur Einführung einer Speicherpflicht und Höchstspeicherfrist für Verkehrsdaten?

Ich würde es begrüßen, wenn Sie sich im Bundestag gegen die Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung einsetzen.

Viele Grüße
Bianco Veigel

Christina Schwarzer
Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Veigel,

herzlichen Dank für Ihre Frage hinsichtlich der Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung. Gern lege ich Ihnen dazu meine Ansicht dar.

Wenn Sie mich nach meiner Meinung zu diesem Thema und meinem derzeit beabsichtigten Abstimmungsverhalten im Deutschen Bundestag fragen, möchte ich dazu zunächst sagen, dass ich auch Kinder- und Jugendpolitikerin bin. Unter anderem aus diesem Blickwinkel betrachte ich die geplante Vorratsdatenspeicherung.

Nehmen wir das Beispiel Kinderpornografie. Dies ist für mich eines der verabscheuenswürdigsten Verbrechen, sie zu bekämpfen eine unserer wichtigsten Aufgaben. Wie Experten des Bundeskriminalamtes berichten, gelingt es regelmäßig, Kinderpornoringe auszuheben. Die dabei gewonnen Internetverbindungsdaten stellen die Behörden dann auch anderen Staaten zur Verfügung. Während die meisten anderen Länder damit bis zu 90% der Verdächtigen ermitteln und überführen können, sind es in Deutschland regelmäßig nur 10 bis 20%. Hauptsächlich liegt das daran, dass unsere Behörden den ermittelten IP-Adressen keine Personen zuordnen können. Oder kurz: weil es in Deutschland derzeit keine Vorratsdatenspeicherung (VDS) gibt.

Ein konkretes Beispiel: Im Jahr 2006 hat die bayerische Polizei begonnen, gegen einen Pädophilenring zu ermitteln. Relativ problemlos ließ sich aufklären, dass etwa 7.500 Nutzer der Inhalte aus Deutschland kamen. Nur 987 konnten jedoch ausfindig gemacht werden – weniger als 13%. Oder anders ausgedrückt. Über 6.500 Personen in Deutschland, die diese Inhalte heruntergeladen und angesehen hatten, konnten nicht behelligt werden. Das ist ein Umstand, der für mich nicht akzeptabel ist. Vor allem, wenn wir über den Tellerrand hinaus blicken und sehen, dass bessere Ermittlungserfolge möglich sind. Über 20 EU-Staaten haben Regelungen zur Vorratsdatenspeicherung. Wir machen hier also keinen nationalen Alleingang.

Im Bereich Kinderpornografie haben wir vor einigen Monaten im Bundestag den strafrechtlichen Schutz erhöht. Aber man muss die Täter auch ermitteln können, um sie zu bestrafen. Wenn man die Täter gar nicht erst ermitteln kann, ist es unerheblich, ob ihnen zwei, drei oder fünf Jahre Strafe drohen. Unter anderem dafür brauchen wir eine Vorratsdatenspeicherung. – und eine bedarfsgerechte Erhöhung der Stellen bei Polizei und BKA.

Ich verstehe die Sorge vieler Menschen vor der VDS. Mit unseren Daten gehen wir zu Recht sorgsam um. Daher ist es wichtig, folgende Fakten zu beachten: Mit der VDS werden keine Inhalte gesichert, sondern nur Verbindungsdaten, Ortungsdaten, IP-Adressen. Erst in Kombination mit polizeilichen Ermittlungen führen sie zum Fahndungserfolg. Dabei bleibt es immer Richtern vorbehalten, ob auf diese Daten zugegriffen werden darf. Es gilt also dasselbe Prinzip wie bei Hausdurchsuchungen und Telefonüberwachungen.

Es ist falsch, dass das Bundesverfassungsgericht jegliche Vorratsdatenspeicherung für verfassungswidrig erklärt hat. Die Richter haben uns folgende, sehr detaillierte Vorgaben über die Ausgestaltung gemacht.

• Differenzierung bezüglich des Personenkreises, der Kommunikationsmittel und der Verkehrsdaten
• Gesetz muss objektive Kriterien benennen, in welchem Verfahren nationale Behörden auf die Daten zugreifen dürften
• Differenzierung hinsichtlich der Dauer der Speicherung
• Grundlage schaffen, dass es zu keinem Missbrauch der gespeicherten Daten kommt
• Daten müssen im Gebiet der Europäischen Union gespeichert werden, damit sichergestellt ist, dass entsprechende Standards für Datensicherheit und Datenschutz gelten

Das Verfassungsgericht hätte sich diese detaillierten Vorgaben sparen können, wenn die Vorratsdatenspeicherung grundsätzlich verfassungswidrig wäre. Es handelt sich bei deren Einhaltung auch nicht um eine Quadratur des Kreises, eine unlösbare Aufgabe. Wir werden einen Entwurf vorlegen, der die Vorgaben der höchsten Richter einhält. Ich meine: Wir müssen – im Sinne des Kinderschutzes, aber auch des Schutzes unserer Bürger vor Extremisten etc. – schnellstmöglich ein Gesetz zur VDS vorlegen. Und im Sinne der Datensicherheit müssen wir die Kriterien besonders genau abbilden: Anlässe, Speicherdauer, Art der Daten.

Es ist der Staat, der die Pflicht hat, zum Schutz und an der Seite der Bürger geeignete Mittel zu ergreifen, die sinnvoll und mit unseren rechtsstaatlichen Prinzipien vereinbar sind. Vorratsdatenspeicherung ist ein Mittel der Strafverfolgung. Der Bürger hat ein Recht darauf, dass schwere Straftaten mit aller Härte verfolgt werden. Wir stehen zu einem wehrhaften, starken und grundrechtsorientierten Rechtsstaat, der den Menschen dient, weil er ihre Freiheit schützt und ihre Sicherheit gewährleistet. Ohne Sicherheit ist keine Freiheit.

Mit freundlichen Grüßen

Christina Schwarzer MdB