Sehr geehrter Herr Dollinger,

erst einmal vorneweg: ihre Kritik und die von Amnesty International an den Plänen des Rates teile ich voll und ganz. Das Wegsperren von Asylbewerbern und Asylbewerberinnen ist, wie sie sagen, mit der Menschenwürde nicht zu vereinbaren, es ist nicht zu rechtfertigen und sollte auf europäischer Ebene wenn überhaupt verboten werden und nicht noch gefördert werden.

Wie es zu diesem Vorschlag gekommen ist? Dazu muss man erstmal betonen, dass diese Pläne nicht aus dem Europaparlament kommen, sondern aus dem Ministerrat. Allem Anschein nach sind diese Pläne wohl der Wunschzettel der europäischen Innenminister, die haben das beschlossen. Die Aufnahmerichtlinie hat tatsächlich auch schon eine Vorgeschichte. Der Ursprüngliche Vorschlag der Kommission, der ganz sicher nicht perfekt, aber deutlich besser war, stammt noch aus dem Jahr 2008 und wurde später von der Kommission nochmal verändert.

Die Richtlinie muss von beiden, von Parlament und Rat, beschlossen werden. Die Positionen liegen ziemlich auseinander, deshalb sind die Verhandlungen seit Jahren praktisch blockiert. Was die Minister nun beschlossen haben, ist die offizielle Position des Rates. Nun muss im Prinzip eine Einigung erzielt werden, was mir aber nicht sehr aussichtsreich erscheint.

Wie das Ganze am Ende ausgehen wird, lässt sich kaum vorhersagen. Fakt ist, dass die bisher bestehende Richtlinie über Aufnahmebedingungen für AsylbewerberInnen dringend verbessert werdem müsste, weil sie zu viele Schlupflöcher(für repressive Maßnahmen der Mitgliedstaaten) offen lässt. Für mich ist allerdings eines klar: wenn der Gesetztesvorschlag am Ende nicht deutlich besser ist als die bisherige Regelung, werde ich nicht dafür stimmen.

Einen knappen Überblick über die Vorgeschichte dieses Richtlinienvorschlags kann man auf der Webseite des Europaparlaments finden: http://www.europarl.europa.eu/oeil/popups/ficheprocedure.do?lang=en&procnum=COD/2008/0244

Mit freundlichen Grüßen

Conny Ernst