Warum wurde die schwerwiegende Erkrankung ME/CFS bisher nicht in die GdB-Tabelle der VersMedV zur angemessenen Anerkennung einer Behinderung aufgenommen und wird die SPD dies nun tun?

Dagmar Schmidt, MdB (2017)
Dagmar Schmidt
SPD
96 %
70 / 73 Fragen beantwortet
Frage von Stefan A. •

Warum wurde die schwerwiegende Erkrankung ME/CFS bisher nicht in die GdB-Tabelle der VersMedV zur angemessenen Anerkennung einer Behinderung aufgenommen und wird die SPD dies nun tun?

Die schwerwiegende und häufige neuroimmunologische Multisystemerkrankung ME/CFS ist weiterhin eine stille humanitäre Katastrophe in Deutschland. Es fehlt leider weiterhin völlig an Versorgung, Anerkennung, Aufklärung, weitgehend an Forschung und es kommt weiter keine Hilfe bei den vielen Erkrankten an. Im Bereich Anerkennung der Behinderung hätte die SPD längst eine sehr relevante Verbesserung herbeiführen können, indem ME/CFS in die VersMedV als eigenständige Krankheit angemessen aufgenommen worden wäre. Dies hätte mit geringem Aufwand für deutlich mehr Gerechtigkeit und weniger Streit mit Behörden und Sozialgerichten bei der Anerkennung geführt. In Deutschland sind aktuell mindestens ca. 500.000 Menschen an ME/CFS erkrankt. Schnelle Hilfe bleibt trotz der Bekanntheit bei SPD und Ampelkoalition weiter aus. Die SPD hätte längst diesen Beitrag und weitere zur Verbesserung der dramatisch schlechten Situation leisten können. Warum hat die SPD dies nicht getan? Werden Sie nun handeln?

Dagmar Schmidt, MdB (2017)
Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr A.

haben Sie vielen Dank für Ihre Nachricht und Ihr Engagement für die Betroffenen von ME/CFS.

In der Tat leiden ME/CFS-Betroffene oft massiv unter den Folgen: Atemwege, Nervensystem oder die Muskeln sind oft so stark betroffen, dass selbst kleinste Alltagsarbeiten zu einer enormen Herausforderung werden. Auch Menschen, die nach einer durchgemachten Corona-Infektion weiterhin unter den bleibenden Symptomen leiden, obwohl sie von der akuten Infektion kuriert sind, sind davon betroffen. Von vielen, die mit den Symptomen der beiden Krankheitsbilder zu kämpfen haben, wurde der Wunsch geäußert, einfacher einen Grad der Behinderung (GdB) nach dem Neunten Sozialgesetzbuch (SGB IX) und der Versorgungsmedizin-Verordnung (VersMedV) zu beantragen und zu erhalten.

In der Tat ist es so, dass beide Krankheitsbilder noch nicht im Anhang der VersMedV aufgeführt werden, somit keinen konkreten Bewertungsmaßstab haben und daher ein direktes Ablesen des Grades Behinderung nicht möglich ist. Das bedeutet jedoch nicht, dass ME/CFS-Betroffene keinen GdB beantragen können. Ein Antrag auf Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft ist immer dann sinnvoll, wenn eine erhebliche Beeinträchtigung länger als sechs Monate anhalten wird. Um als schwerbehinderter Mensch anerkannt zu werden, muss mindestens ein GdB von 50 erreicht sein. Je nach Schwere und Ausmaß der Erkrankung können Grade zwischen 0 und 100 anerkannt werden.

Weil eben die von Ihnen beschriebene Verankerung des Bewertungsmaßstabs im Anhang der VersMedV aussteht, ist es aktuell nur möglich, die Symptome der ME/CFS und der Long-COVID-Erkrankung mit ähnlichen Krankheitsbildern und deren Auswirkungen zu vergleichen und eine Gesamtbewertung zu erhalten. Dies kann dann dazu führen, dass GdB von mindestens 50 vergeben wird. Aus Gesprächen mit Betroffenen und Betroffenenverbänden weiß ich, dass der Verwaltungsaufwand trotz der grundsätzlichen Möglichkeit einer Anerkennung einen GdB zu erhalten, teilweise enorm ist. Meine Kolleginnen und Kollegen der Arbeitsgruppe Gesundheit haben sich mit Verbänden auch zur Verankerung der Bewertungsmaßstäbe ausgetauscht, warten derzeit aber noch auf einen konkreten Umsetzungsvorschlag aus den betreffenden Bundesministerien. Wenn bereits jetzt über Umwege eine Anerkennung möglich ist, gibt es aus meiner Sicht keinen Grund, hier nicht auch den direkten Weg gehen zu können.

Im Koalitionsvertrag von 2021 haben wir uns darauf geeinigt, die Forschung zu ME/CFS und Long-COVID sowie deren Therapiemöglichkeiten weiter auszubauen. So bekommen seit dem vergangenen Jahr die Forschungseinrichtungen, die sich mit beiden Krankheitsbildern befassen, insgesamt 15 Mio. Euro, damit neueste Erkenntnisse und Studien ausgetauscht und so einer Verbesserung der Versorgung der betroffenen Patientinnen und Patienten führen kann. Der Bundesgesundheitsminister Prof. Karl Lauterbach hatte zusammen mit dem Bundesforschungsministerium die Betroffenenverbände sowie die Forschenden selbst zu einem ersten Runden Tisch im September 2023 eingeladen und konkretisierte die weiteren Vorhaben der Bundesregierung bei einem weiteren Runden Tisch Anfang Dezember 2023 (https://www.bmg-longcovid.de/diskurs/runder-tisch-long-covid/runder-tisch-dezember-2023=). Dabei kam auch der Aspekt der Rehabilitation zur Sprache.

Wenn Sie Fragen haben sollten oder weitere Informationen benötigen, können Sie sich auch jederzeit direkt an mich unter dagmar.schmidt@bundestag.de wenden.

Mit freundlichen Grüßen

Ihre

Dagmar Schmidt, MdB

Was möchten Sie wissen von:
Dagmar Schmidt, MdB (2017)
Dagmar Schmidt
SPD