Frage an Detlef Müller bezüglich Finanzen

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Detlef Müller
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Frage von Ruwen M. •

Frage an Detlef Müller von Ruwen M. bezüglich Finanzen

Wie wäre Ihr Abstimmungsverhalten zum ESM gewesen und warum hätten Sie so gestimmt ?

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Sehr geehrter Herr Mickan,

die Frage ist nicht einfach zu beantworten. Wenn ich zur Zeit der Abstimmung über den ESM Bundestagsabgeordneter gewesen wäre, hätte ich sicherlich weit vielfältigere Informations- und Mitwirkungsmöglichkeiten gehabt – und mir dadurch, auch in der Diskussion mit anderen Abgeordneten, eine fundierte Meinung bilden können.

Da Sie mich aber direkt nach meinem möglichen Abstimmungsverhalten fragen, kann ich nur sagen, dass ich den ESM höchstwahrscheinlich abgelehnt hätte.

Zwei Hauptgründe möchte ich dafür benennen:

Zum einen ist es die Abgabe von souveränen Rechten der jeweiligen Parlamente (bei uns des Bundestages) an ein europäisches Gremium, das weder gewählt noch parlamentarisch kontrolliert wird. Hier ist es zu einem Verlust der Souveränität der einzelnen EU-Mitgliedsstaaten gekommen, dass meinem Anspruch an eine europäische Union und an eine demokratische Verfassung zuwiderläuft. Die weitere Abgabe von souveränen Hoheitsrechten an nicht demokratisch legitimierte Gremien lehne ich ab.

Zum anderen ist ein Großteil des ESM aus meiner Sicht zu einseitig auf eine radikale Sparkur angelegt.

Mit dem Fiskalpakt wird der Zwang zu Ausgabenkür­zungen in fast ganz Europa regelrecht festgeschrieben, die Frage gerecht organisierter Steuereinnahmen bleibt völlig ausgeklammert.

Auch ich bin sehr dafür, dass öffentliche Haushalte konsolidiert und zu hohe Staats­schuldenquoten wieder zurückgeführt werden. Ohne Wachstum geht das aber nicht. Der Fiskalpakt jedoch ignoriert den engen Zusammenhang von Staatsfinanzen und Konjunktur. Wenn die Wirtschaft schrumpft und der Staat auch noch drastisch kürzt, dann beschleunigt sich die wirtschaftliche Talfahrt. Meine feste Überzeugung ist: Prozyklische Haushaltspolitik und anhaltende Aus­gabensenkungen führen Europa geradewegs in eine lange Phase von Stagnation und Rezession. Kurz: Schuldenabbau geht nur mit Wachstum, Investitionen, guter Arbeit und gerechten Steuern.

Stattdessen wird mit dem Fiskalpakt und dem ESM ein Weg des So­zialabbaus, der Einschränkung öffentlicher Dienstleis­tungen, schlechterer Infrastruktur, darbender Kommu­nalfinanzen, zunehmender Armut und Ungleichheit vorgezeichnet. Und das kann kein Kernstück europäischer Politik sein.

Mit freundlichen Grüßen

Detlef Müller

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