Frage an Dietmar Bartsch bezüglich Wirtschaft

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Dietmar Bartsch
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Frage von F. M. •

Frage an Dietmar Bartsch von F. M. bezüglich Wirtschaft

Sehr geehrter Herr Dr. Bartsch,

können Sie mir sagen, warum der Einzelne, die Kommunen, die Unternehmen und auch der Staat immer weniger Geld zur Verfügung hat (bzw. ständig neue Schulden aufnehmen muss, was ja "weniger Geld haben" entspricht) obwohl jährlich mehr (wenn auch in geringem Umfang) erwirtschaftet wird?
Haben Sie sich schon einmal Gedanken darüber gemacht, wo das Geld, was dem Einzelnen, den Kommunen, den Unternehmen und dem Staat fehlt, bleibt?
Wenn wir doch nicht von Jahr zu Jahr fauler werden und sogar mehr erwirtschaften, dann müssten wir doch wenigstens jedes Jahr wieder "satt" werden, oder nicht?

Ich hoffe Sie können mir diese, mich unablässlich quälenden Fragen beantworten.

Mit freundlichen Grüßen

F. M.

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Sehr geehrter Herr M.,

den Eindruck, dass der Einzelne, Kommunen, Unternehmen und Staat trotz wachsender Wirtschaftsleistung immer weniger Geld zur Verfügung haben, teile ich so nicht. Richtig ist, dass die Lohneinkommen stagnieren bzw. real sinken; aber die privaten Einkommen aus Vermögen und Gewinnen steigen.

Allgemein gesprochen, liegt die Ursache darin, dass die Löhne nicht in gleichem Maße wie die volkswirtschaftliche Produktivität gestiegen sind und stattdessen der Anteil des wirtschaftlichen Ergebnisses, welches an die Aktionäre ausgeschüttet oder in Managergehälter gesteckt wurde, gestiegen ist.

Der Statistik über die seit über zehn Jahren steigenden Gewinn- und Vermögenseinkommen lässt sich entnehmen, dass eine Minderheit von einzelnen Bürgern über eine wachsende Menge an Geld verfügt. Der Anteil der Gewinn- und Vermögenseinkommen an allen Einkommen ist von 1996-2006 von 29,6% auf 33,6% gestiegen, der Anteil der Löhne entsprechend gesunken. Rechnerisch entfällt auf jeden Bundesbürger ein Nettovermögen von 81.000 Euro, real teilen sich 10% der Bevölkerung über zwei Drittel des Vermögens, während zwei Drittel der Bevölkerung nur über 10% des Vermögens verfügen.

Generell haben wir seit Mitte der 90er Jahre des vergangenen Jahrhunderts einen Zuwachs an Geld an den Finanzmärkten erlebt, was wiederum zu steigenden Renditeerwartungen an die Unternehmen und im Ergebnis zu einem steigenden Abfluss an die Finanzanleger führt.

Die Schwäche der öffentlichen Kassen, insbesondere diejenige der Kommunen, ist eine direkte Folge der rotgrünen und rotschwarzen Steuerpolitik, ihrer Milliardengeschenke an Banken, Konzerne, Finanzanleger und Vermögensbesitzer.

Nach Auffassung der LINKEN müssen die Löhne wieder im Gleichklang mit der volkswirtschaftlichen Produktivität steigen, durch eine Reform der Unternehmensbesteuerung und der Vermögenssteuer eine leistungsgerechte Steuerbelastung dieser Einkommensarten erreicht und die finanzielle Attraktivität von Finanzmarktgeschäften z.B. durch eine Börsenumsatzsteuer wieder verringert werden.

Geld ist nicht im Überfluss, aber genug vorhanden. Die LINKE tritt für staatliche Regelungen mit dem Ziel ein, dass sich wachsender volkswirtschaftlicher Reichtum nicht nur bei einer Minderheit als wachsender privater Reichtum ansammelt, sondern auch anteilig in den Arbeitnehmerhaushalten und bei den öffentlichen Kassen. Die volkswirtschaftliche Leistung kommt auch nur dank der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und dank der öffentlichen Infrastruktur zu stande.

Mit freundlichen Grüßen

Dietmar Bartsch

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