Frage an Dietmar Bartsch bezüglich Lobbyismus & Transparenz

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Dietmar Bartsch
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Frage von H D N. •

Frage an Dietmar Bartsch von H D N. bezüglich Lobbyismus & Transparenz

Wie stehen Sie zur Einführung einer Neufassung des Imperative Mandat? Dies verpflichtet Mandatsträger / Abgeordneten bindend an die inhaltlichen Vorgaben der ihn gewählten BürgerInnen, deren direkten Willen.
Folgt der Mandatsträger nicht dem entsendenden Wählerwillen, kann der Mandatsträger abgesetzt werden. Diese Gebundenheit steht über “der eigenen Überzeugung“ und der seiner/ihrer Partei/Fraktion.
Dies bedeutet konkret eine entsprechende Änderung von Art. 38 (1) GG., welcher besagt,  dass Abgeordnete nicht an Aufträge und Weisungen gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen sind.
Der Begriff Gewissensverpflichtung wurde in der Vergangenheit und bis Dato viel zu oft korrumpiert durch Lobbyisten, unerlaubte Geldzuwendungen usw. .
Auf Bundesebene ist z.Zt. noch das Imperative-Mandat nach Art. 38(1) GG unzulässig.

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Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrte Frau oder sehr geehrter Herr Nicolay,

herzlichen Dank für Ihre Frage.

Ich verstehe den positiven Gedanken hinter Ihrer Frage. Gleichwohl lehne ich Ihren Vorschlag ab. Er ist kein Garant gegen den Einfluss von Lobbyisten oder gar der Bestechung von Abgeordneten.

Dass Abgeordnete nur ihrem Gewissen unterworfen sind, ist ein hohes Gut. Stellen Sie sich vor, bei schwierigsten ethischen Fragen, wäre der Abgeordnete an Vorgaben gebunden.
Vor allem haben Sie aber ein praktisches Problem bei der Definition des Wählerwillens. Wie wollen Sie denn den mutmaßlichen Wählerwillen anhand einzelner Entscheidungen des Abgeordneten messen? Wähler A findet die Abstimmung „seines“ Abgeordneten völlig richtig. Wähler B sieht dies bei derselben Frage anders.
Soll der Abgeordnete dann abgesetzt werden? Welcher Wähler oder welche Anzahl Wählerinnen und Wähler wäre maßgebend? Diese Überlegung allein zeigt schon, warum wir mit Ihrem Vorschlag in einer Sackgasse landen würden.
Außerdem sollten Sie nicht vergessen, dass die Bestechung eines Abgeordneten strafbar ist. Sie ist keine erlaubte Einflussnahme, sondern wird strafrechtlich geahndet.

Wir hätten hingehen viel gewonnen - um nur ein Beispiel zu nennen - wenn andere Parteien, wie meine Partei, Spenden von Unternehmen ablehnen würden. Dies wäre ein wichtiger Baustein, um Parteien unabhängig von wirtschaftlichen Interessen zu machen.

Ihnen alles Gute!

Freundliche Grüße
Dr. Dietmar Bartsch

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