Wie umgehen mit Migranten, die abgeschoben werden müssen, aber deren Herkunftsland die Aufnahme verweigert.

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Frage von Philipp K. •

Wie umgehen mit Migranten, die abgeschoben werden müssen, aber deren Herkunftsland die Aufnahme verweigert.

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Sehr geehrter Herr K.,

wie Sie möglicherweise wissen, steht DIE LINKE Abschiebungen kritisch gegenüber. Abschiebungen, insbesondere in Krieg, Verfolgung und Elend, lehnen wir ab. Das unterscheidet uns von allen anderen Parteien im Deutschen Bundestag. Das ist die politische Dimension.

Fakt ist aber auch: In Deutschland leben rund 300.000 ausreisepflichtige Menschen. Dort, wo der Rechtsstaat abschließend entschieden hat, ist dieser selbstverständlich zu achten. Ich stelle allerdings fest, dass das teilweise zu abstrusen Situationen führt, wenn bspw. Geflüchtete abgeschoben werden sollen, die etwa in Mangelberufen eine Ausbildung durchlaufen oder es Kinder trifft, die in der Schule großartig integriert, gar hier geboren sind. Das kann nicht sein.

Zu der hohen Zahl vermeintlich ausreisepflichtiger Menschen muss vor allem immer ein Fakt mit genannt werden: Die übergroße Mehrheit der Betroffenen ist im Besitz einer Duldung (etwa 250.000), hat also das Recht, vorerst in Deutschland zu bleiben. Nun ist die Duldung kein Aufenthaltstitel, aber der Staat konstatiert durch diesen Status, dass es unmöglich ist, die Ausreise durchzusetzen. Ursächlich kann es ein Abschiebestopp sein, fehlende Dokumente oder die Weigerung des Heimatlandes, den eigenen Staatsbürger zurückzunehmen. Das gesamte Thema ist komplexer, als der eine oder andere (populistische) Vorschlag suggeriert.

Abschließend noch ein Punkt: Wir sehen, dass es an vielem mangelt: an bezahlbaren Wohnungen, an Kitaplätzen, an Lehrern, an öffentlicher Infrastruktur. Das ist nicht die Schuld von Migranten, sondern die Folge einer jahrelangen Sparpolitik. Was wir wollen: massive Investitionen in die kommunale Infrastruktur, in sozialen Wohnungsbau. Davon würde das gesamte Land deutlich stärker profitieren als von ein paar tausend Abschiebungen.

Freundliche Grüße
Dr. Dietmar Bartsch

 

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