Welche spezifischen Maßnahmen planen Sie, um Protestwähler anzusprechen und die Attraktivität demokratischer Alternativen gegenüber extremistischen Parteien wie der AfD zu erhöhen?

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Eva Botzenhart
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Tim M. •

Welche spezifischen Maßnahmen planen Sie, um Protestwähler anzusprechen und die Attraktivität demokratischer Alternativen gegenüber extremistischen Parteien wie der AfD zu erhöhen?

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr M.,

vielen Dank für Ihre wichtige Frage.

Was aus meiner Sicht den kommunikativen Erfolg der afd ausmacht (und mehr als Kommunikation ist es ja bisher nicht) ist, dass sie Sachverhalte so sehr verkürzen, dass die Antwort klar erscheint, aber völlig falsch ist und damit Menschen auf den Holzweg führt. Und sie ist „gegen“ alles und hauptsächlich gegen die Regierung. Inhalte sind unwichtig. Sehr klar kann man das bei den Bauernprotesten sehen: Die afd will laut Wahlprogramm alle Subventionen streichen, gleichzeitig tut sie so, als würde sie die Landwirt*innen unterstützen (schöner Artikel dazu hier: https://www.handelsblatt.com/politik/deutschland/bauernprotese-und-afd-populistisch-und-verlogen-die-entlarvende-bauern-strategie-der-afd/100007470.html).

Was ich und wir in der Grünen Fraktion also stärker machen ist, diese Widersprüche herauszustellen und die Verlogenheit aufzudecken. Wir verstärken dafür auch z.B. unsere Onlinekommunikation.

Wir machen verlässliche, gerechte und faktenbasierte Politik, damit machen wir attraktive Politik. Wer uns wählt, wählt eine gute Zukunft. Wir arbeiten tatsächlich für soziale Gerechtigkeit, und tun nicht nur so, jeden einzelnen Tag. Ein Vergleich der Wahlprogramme durch das ZEW zur Bundestagswahl 2021 hat das mit Zahlen bestätigt: https://www.zeit.de/wirtschaft/2021-09/bundestagswahl-einkommen-vermoegen-umverteilung-gerechtigkeit-wahlprogramme-parteien-vergleich/seite-2

Wir sind aktiv und sichtbar, hören zu, nehmen Anfragen der Bürger*innen wie Ihnen ernst und stehen für den Diskurs bereit.

Regelmäßig laden wir zu Diskussionsrunden und Veranstaltungen ein, um mit Ihnen als Bürger*innen oder Unternehmer*innen im Gespräch zu bleiben und scheuen dabei auch nicht die schwierigen Themen.

Am 10. Februar findet z.B. unser Sicherheitskongress „Hamburg, na sicher!“ im Rathaus statt (http://www.gruene-hamburg.de/sicherheitskongress/). Und gerade läuft eine Veranstaltungsreihe mit meinem Kollegen Michael Gwosdz zum Thema „Demokratie schützen“.

Gerade die Grüne Partei wird oft zu einem Feindbild stilisiert, dass von vielen (eher) rechten oder konservativen Wähler*innen kategorisch abgelehnt wird. Diese Polarisierung spielt nur der afd und den anti-demokratischen Kräften in die Hände. Deshalb sehen wir auch eine Verantwortung bei den anderen Parteien, sowie den Medien, nicht zu so einer Polarisierung beizutragen.

Was wir aber niemals tun werden ist, Wahrheiten zu verschweigen, verlogen und opportunistisch zu arbeiten und schwierige Sachverhalte so stark zu vereinfachen, dass sie falsch dargestellt sind, nur um Wähler*innen zu gewinnen.

Und was ich privat mache: Ich suche den Austausch in meinem Bekannt*innenkreis und mit Bürger*innen, ich scheue keine Diskussion. Für die anstehenden Wahlen zur Bezirksversammlung am 09. Juni versuche ich, so viele Menschen zum Wählen zu aktivieren, wie möglich.

Wir alle, Sie und ich, sind verantwortlich für unsere Demokratie. Das können wir Politiker*innen nicht allein schultern. Sondern wir alle müssen diese Diskussionen führen, die stille Mehrheit muss laut werden und das nicht nur bei Demonstrationen, sondern auch im Ehrenamt, am Frühstückstisch, am Arbeitsplatz, im Sportverein, in der Kommunal- und Bezirkspolitik.

Das ist mühsam und anstrengend. Demokratie ist Arbeit, kein Zustand und keine Selbstverständlichkeit.

Ich wünsche Ihnen Kraft für Ihre eigenen Diskussionen, denn sie können meiner Erfahrung nach ermüdend sein, immer wieder gegen Diskriminierung, Falschbehauptungen und für Menschenwürde und Demokratie einzustehen, noch dazu für Dinge einzustehen, die selbstverständlich sind – oder sein sollten.

Viele Grüße
Eva Botzenhart

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