Warum machen Sie und ihre Partei nichts für die Menschen im Nichttarifgebiet?

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Falko Droßmann
SPD
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Frage von Uwe K. •

Warum machen Sie und ihre Partei nichts für die Menschen im Nichttarifgebiet?

Sehr geehrter Herr Droßmann,
Ihre Diäten steigen automatisch und damit auch ihre Pension. Das Bürgergeld soll nächstes Jahr schon wieder steigen. Die Preise vor allem für Lebensmittel und Energie steigen, nur viele Menschen im Nichttarifgebiet haben jahrelange Nullrunden. Mit dieser Politik spalten Sie das Land warum? Andere Länder haben das Problem schon seit Jahren erkannt und tun etwas für mehr Gerechtigkeit, z.B. Belgien, warum wird bei uns nichts getan. Die Erhöhung des Mindestlohnes ist zwar richtig, hat in unser Firma aber den Effekt, das Hilfsarbeiter und Facharbeiter, demnächst vielleicht Techniker usw. auf eine Stufe gestellt werden. Ist das Ihre Absicht. Das vor allem der Osten des Landes davon betroffen ist, macht mich schon nachdenklich, sind wir für Sie Menschen zweiter Klasse?

MfG
U. K.

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SPD

Sehr geehrter Herr K.,

ich danke Ihnen für Ihre Nachricht und die damit verbundene Gelegenheit, über ein wichtiges Thema zu sprechen: die Indexierung von Gehältern und deren Auswirkungen.

Nehmen wir ihr Beispiel Belgien, wo die Löhne automatisch an die Inflation angepasst werden. Auf den ersten Blick scheint dies ein fairer Mechanismus zu sein, um die Kaufkraft der Arbeitnehmer:innen zu erhalten. Doch dieser Ansatz hat seine Tücken. Eine automatische Lohnerhöhung, die mit steigenden Preisen Schritt hält, kann paradoxerweise dazu beitragen, dass die Preise noch schneller steigen. Es entsteht ein Kreislauf, in dem steigende Löhne zu höheren Ausgaben führen, was wiederum die Preise in die Höhe treibt – und so die Inflation weiter anheizt. In einer solchen Situation können vor allem die Menschen mit geringerem Einkommen nicht mehr mithalten, da sie relativ gesehen weniger von den Lohnerhöhungen profitieren. Zusätzlich könnten Unternehmen, die mit internationalen Märkten konkurrieren, unter Druck geraten, da ihre Lohnkosten schneller steigen als die ihrer ausländischen Mitbewerber, was die Wettbewerbsfähigkeit gefährdet. Aus diesen Gründen erscheint der belgische Weg für Deutschland weniger geeignet, besonders in Anbetracht unseres ausgeprägten Tarifsystems und der starken Stellung der Gewerkschaften, die eine ausgewogene und faire Lohnfindung ermöglichen.

Zu den Diäten der Politiker:innen und der Anpassung an den Nominallohnindex möchte ich ergänzen, dass eine automatische Erhöhung zwar eine Transparenz schafft und Eigeninteressen ausschließt, aber auch die Gefahr birgt, dass sie nicht immer die wirtschaftlichen Realitäten aller Bürger:innen widerspiegelt. Während die Indexierung zu einer Vorhersehbarkeit der Einkommen führt, kann sie in Zeiten wirtschaftlicher Stagnation oder gar Rezession zu einer ungewollten Spaltung beitragen, wenn die Einkommen vieler Bürger:innen stagnieren oder real sinken. Daher muss die Kopplung der Diäten an den Nominallohnindex immer wieder kritisch hinterfragt und gegebenenfalls angepasst werden, um eine zu große Diskrepanz zwischen den Einkommen der Abgeordneten und der Bevölkerung zu verhindern.

Die starke Stellung der Gewerkschaften und das Tarifsystem in Deutschland sind wesentliche Säulen unserer sozialen Marktwirtschaft. Sie tragen maßgeblich dazu bei, gerechte Löhne auszuhandeln und die Interessen der Arbeitnehmer:innen zu schützen. Die Tarifautonomie gewährleistet, dass Löhne und Arbeitsbedingungen nicht staatlich festgelegt, sondern in Verhandlungen zwischen Gewerkschaften und Arbeitgeberverbänden bestimmt werden. Dieses System hat sich bewährt und führt zu einer ausgewogenen Machtverteilung im Arbeitsmarkt. Gerade in einer Zeit, in der schnelle wirtschaftliche und technologische Veränderungen stattfinden, ist es wichtig, dass Tarifverträge Flexibilität und Sicherheit bieten.

Das steigende Bürgergeld soll dazu beitragen, dass alle Menschen in unserer Gesellschaft teilhaben können. Es ist richtig, dass es dabei auch darum geht, Anreize für Weiterbildung zu schaffen und die Menschen zu unterstützen, die von Strukturwandel und technologischem Fortschritt besonders betroffen sind. Wir müssen aber auch darauf achten, dass diese Hilfe richtig eingesetzt wird und es nicht passiert, dass alle gleich bezahlt werden, egal wie gut ihre Ausbildung oder wie schwierig ihre Arbeit ist.

Bezüglich der Erhöhung des Mindestlohns: Dieser ist ein wichtiges Instrument zur Bekämpfung von Armut und zur Sicherung des sozialen Friedens. Wir sind uns bewusst, dass jede Anhebung des Mindestlohns auch Auswirkungen auf die Lohnstruktur in Unternehmen hat. Unser Ziel ist es, mit einem Tariftreuegesetz die Bedeutung von Tarifverträgen zu stärken. Der Staat soll als Auftraggeber vorangehen und so die Tarifbindung in der Wirtschaft fördern. So wollen wir sicherstellen, dass gute Arbeit auch fair entlohnt wird und die Tarifflucht eingedämmt wird.

Abschließend möchte ich betonen, dass Ihre Sorgen und die der anderen Bürger:innen im Mittelpunkt unserer Politik stehen. Wir sind bemüht, Lösungen zu finden, die sozial gerecht sind und das Wohl aller im Blick haben.

 

Mit freundlichen Grüßen,

 

Falko Droßmann

 

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