Frage an Florian Toncar bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

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Florian Toncar
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Frage von Peter W. •

Frage an Florian Toncar von Peter W. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Guten Abend Herr Binninger,

Deutschland liegt momentan auf Platz 14 des aktuellen Korruptionsindexes und somit im europäischen Mittelfeld. Von der SPD-Fraktion wurde ein Entwuf eines Strafrechtsänderungsgesetzes (17/8613) in den Bundestag eingebracht.
Wie ich der Presse entnehmen konnte, ist die Regierungskoalition dagegen.
Hier kann ich aber nicht nachvollziehen, warum dieses Verhalten bei z.B. Beamten strafbar ist und bei Abgeordneten nicht.
Selbst ich persönlich muss einmal jährlich in meiner Firma die gegebenen Ethikregeln , die auch das Thema Korruption beinhalten, verbindlich unterschreiben.

Die Bundesregierung hat bis heute die UN-Konvention gegen Korruption nicht ratifizieren, da hierzu dieses Strafrechtsänderungsgesetzes erfoderlich ist. Hier scheint ein Fall der (gewollten?) Selbstblockade vorzuliegen.

Aus aktuellem Anlass sollte hier umgehend eine klare Entscheidung für diese UN-Konvention getroffen werden.
Die politischen Vorfälle der letzten Monate haben das Vertrauen in eine glaubwürdige und ehrliche Politik erheblich beschädigt.
Das Vertrauen in die politisch Aktiven muss unbedingt wieder hergestellt werden.
Hier wünsche ich mir die gleiche hohe parlamentarische Einigkeit, wie bei Debatten über die Erhöhung von Diäten.

Hiermit fordere ich Sie auf eine eindeutige klare Position gegen Korruption, Filz und jede Art von Vorgängen mit "Gschmäckle", speziell bei Abgeordneten einzunehmen.

Mit freundlichen Grüßen
Peter Wutzler

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Sehr geehrter Herr Wutzler,

vielen Dank für Ihr Schreiben vom 8.3.2012, in dem Sie dafür werben, dass Deutschland die VN-Konvention gegen Korruption ratifiziert, welche es am 9. Dezember 2003 unterschrieben hat.
Auch ich bin der Auffassung, dass Korruption auf allen Ebenen bekämpft werden sollte. Korruption führt zu Rechtsunsicherheit. Erhöhte Kosten hemmen die Entwicklung des Privatsektors, verzerren den Wettbewerb und schrecken Investoren ab. Korruption schwächt politische Institutionen und stellt letztlich die staatliche Legitimität in Frage. Dementsprechend ist die Bestechung und Bestechlichkeit von Abgeordneten in Deutschland gemäß § 108e StGB strafbar.

Die strafrechtlichen Regelungen nach § 331 StGB (Vorteilsannahme) und 332 StGB (Bestechlichkeit) gelten dagegen zwar für einen Amtsträger bzw. für einen für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteten, jedoch nicht für einen frei gewählten Abgeordneten. Anders als bei Beamten besteht kein klarer Pflichtenkreis für Abgeordnete, weswegen sie nicht mit Beamten oder beamtenähnlichen Personen gleichgesetzt werden können. Entsprechend stellte der Bundesgerichtshof im Urteil vom 9. Mai 2006 (Aktenteichen: 5 StR 453/05) dazu klar, dass Abgeordnete keine Amtsträger sind.

Somit ist es auch strafrechtlich sehr schwierig, konkrete Diensthandlungen zu bestimmen bzw. Verletzungen von Dienstpflichten festzustellen. Zudem kann und darf der Abgeordnete nach dem GG (Art.38) im Gegensatz zu einem Beamten auch völlig einseitig Interessen vertreten. Regelmäßig setzen sich Abgeordnete in ihrem Wahlkreis konkret für die Belange der Wähler ein (z.B. Erhalt einer öffentlichen Einrichtung in dem Wahlkreis). Nach der VN-Konvention würden sich die Abgeordneten dann strafbar machen, wenn ihnen die Bürger dafür ihre Stimme versprechen.

Ein möglicher Tatbestand könnte auch wegen fehlender Klarheit und diverser unbestimmter Rechtsbegriffe verfassungsrechtlich angreifbar sein. Die Auslegung unbestimmter Rechtsbegriffe könnte zu unklaren Ergebnissen führen (z.B. „rechtswidriger Vorteil liegt vor, wenn seine Verknüpfung mit der Gegenleistung als verwerflich anzusehen ist“, hier ist unklar wie „verwerflich“ zu definieren ist).

Ich bin der Meinung, dass Deutschland auch ohne die Umsetzung dieser Konvention aufgrund seines anerkanntermaßen gut ausgeprägten Rechtsstaats international glaubwürdig für die Bekämpfung von Korruption eintreten kann.

Mit freundlichen Grüßen,

Florian Toncar

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