Frage an Florian Toncar bezüglich Finanzen

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Florian Toncar
FDP
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Frage von Moritz L. •

Frage an Florian Toncar von Moritz L. bezüglich Finanzen

Sehr geehrter Toncar,

ich selbst gehöre dem Bayerischen Landesverband der Linken an und stehe der FDP als Partei nur unter Berücksichtigung der Programmatik offen gegenüber. Es gibt Punkte, die wir sicher miteinander teilen. Zum Beispiel der Datenschutz. Eine Frage möchte ich Ihnen aus persönlichem Interesse aber doch stellen.
Als Argument der mittlerweile überwundenen Bankenkrise und der damit verbundenen Rettung zahlreicher Banken wurde immer ein Argument ganz besonders hervorgehoben.
"Wenn wir die Banken pleite lassen gehen, verlieren viele Bürgerinnen und Bürger ihr Geld."
Ich bin selbst Banker und weiß, dass in Europa eine Bank verpflichtet ist eine Einlagensicherung von mindestens 100.000,00€ pro Kunden zu führen. Bei Ehepaaren das Doppelte. In der Regel ist das abgesicherte Kundenkapital noch deutlich höher im Fonds gesichert. Ich traue mich auch wetten, dass mindestens 80% der Bevölkerung keine 100.000,00€ mal so eben auf der Bank liegen haben. Immobilien bleiben ja schließlich Kundeneigentum und haben mit dem Vermögen auf der Bank nichts zu tun. Deshalb meine Frage: Wussten Sie nicht, dass es einen Einlagensicherungsfonds gibt oder ging es Ihnen einfach darum das Geld der Multis und Großaktionären auf Kosten aller Bürgerinnen und Bürgern zu sichern? Bei nüchterner Betrachtung der vollendeten Politik schätze ich eher Zweiteres aber gebe Ihnen in jedem Fall die Möglichkeit mich zu überzeugen, dass es doch einen plausiblen Grund gibt, von dem ich nichts weiß obwohl ich selbst Banker bin.

Ich wünsche Ihnen einen fairen Wahlkampf und verbleibe

mit freundlichen Grüßen

M. L.

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Antwort von
FDP

Sehr geehrter Herr L.,

vielen Dank für Ihre Frage, auf die ich gerne eingehe. Zunächst: während der Bankenkrise 2007/08 belief sich die Einlagensicherung nur auf 20.000 Euro – übrigens unbesehen des Ehestands der Kontoinhaber. Dieses Sicherungssystem war aber lediglich dafür ausgelegt, einzelne Banken aufzufangen. Es hätte in der damals drohenden systemischen Krise nicht gewirkt, weil es finanziell vollkommen überfordert gewesen wäre. Zweitens: Die FDP hat der Bankenrettung 2008/09 (mit erheblichen Einschränkungen) zugestimmt, weil die heutigen Instrumente für eine geordnete Krisenbewältigung (siehe unten) damals noch nicht existierten.

Als marktwirtschaftliche Antwort auf die Krise hat die damalige CDU/CSU-FDP-Bundesregierung 2010 das Bankenrestrukturierungsgesetz verabschiedet. Seitdem haften die Aktionäre einer deutschen Bank im Falle einer Bestandsgefährdung derselben und die Steuerzahler werden geschont. Deutschland war hier Vorreiter in Europa.

Weiterhin haben wir 2013 durchgesetzt, dass die europäische Bankenaufsicht weitgehend auf die EZB übertragen und damit strenger und europaweit einheitlich wurde. Allerdings ist die EZB-Aufsicht aufgrund von Interessenkonflikten zwischen Aufsicht und Geldpolitik nur eine Übergangslösung. Ziel muss eine von der EZB getrennte europäische Bankenaufsicht sein.

Weiterhin wurde bis 2013 die europäische Bankenabwicklungsrichtlinie auf den Weg gebracht und in der Eurozone ein einheitlicher Abwicklungsmechanismus etabliert. Dadurch können Banken notfalls kontrolliert abgewickelt werden, wobei insbesondere die Möglichkeit besteht, die Aktionäre und Gläubiger der Bank in Haftung zu nehmen und nicht die Steuerzahler. Der Fall der Banca Monte dei Paschi in Italien hat allerdings gezeigt, dass es hier noch Schlupflöcher gibt. Auf europäischer Ebene werden wir daran arbeiten, dass diese geschlossen werden.

Wenn Sie diese Politik nüchtern betrachten, müssten Sie eigentlich zum gegenteiligen Schluss kommen: das Geld der Bürger muss nicht mehr zur Bankenrettung verwendet werden. Haftung und Risiko liegen wieder weitgehend bei den Eigentümern und Gläubigern.

Mit freundlichen Grüßen

Florian Toncar

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