Sehr geehrter Herr Marose,

ich werfe Frau Merkel ihre Distanzlosigkeit vor.Meine Kritik, dass an diesem Abend Steuergelder verschwendet wurden,ist zweitrangig. Vielmehr geht es doch um die Frage, ob Herr Ackermann oder Frau Merkel die Geschicke unseres Landes bestimmt. Herrn Ackermann scheint es doch egal zu sein, wer unter ihm Bundeskanzlerin ist. Er durfte 30 Gäste seiner Wahl ins Bundeskanzleramt einladen. Ich bin bislang immer davon ausgegangen, dass die Bundeskanzlerin einlädt und kein anderer.

Im Grund ist doch dieses Abendessen ein weiteres Zeichen dafür, dass die Politik das Primat über die Führung unseres Landes an die Wirtschaft abgegeben hat. Wirtschaftsminister zu Guttenberg bemüht sich noch nicht einmal seine Gesetzesentwürfe selbst zu schreiben. Er überlässt dies einer privaten Anwaltskanzlei, die bei Insolvenzen die Interessen von Banken und Unternehmen vertritt. Herr Ackermann bzw. seine Mitarbeiter der Deutschen Bank haben das sog. Finanzmarktstabilisierungsgesetz, das im Herbst letzten Jahres den Banken mit einem 500 Mrd.-Schirm versorgte, mitformuliert. Ich meine, das sind Vorgänge, die einer Demokratie nicht würdig sind. Die Wählerinnen und Wähler haben einen Anspruch darauf, dass diejenigen, die sie gewählt haben, auch im Sinne des Allgemeinwohls die Gesetze schreiben und dies nicht Banken oder Unternehmen, die jeglicher demokratischer Kontrolle entzogen sind, überlassen. Für mich ist die Ackermann-Party die Spitze des Eisberges im bundesdeutschen Lobbyismussumpf.

Mit den besten Wünschen für Ihre Zukunft und
mit freundlichen Grüßen,

Ihre Gesine Lötzsch