Frage an Gesine Lötzsch bezüglich Wirtschaft

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Gesine Lötzsch
DIE LINKE
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Frage von Martin L. •

Frage an Gesine Lötzsch von Martin L. bezüglich Wirtschaft

Sehr geehrte Frau Dr. Gesine Lötzsch,

Sie wie auch Ihre Partei treten für die Umverteilung von Reichtum von oben nach unten durch eine Millionärssteuer ein.

Hierbei wollte ich Sie fragen, wie sie eine solche Steuer denn gerecht gestalten wollen. Schließlich sind die Wohlhabenden doch die Personen, die diesen Staat mit seinem rießigen Sozialsystem überhaupt noch am laufen halten, da kann es doch nicht fair sein, wenn diese jetzt noch mehr abdrücken sollen.

Mit freundlichem Gruß

Martin Lorenz, Schüler

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Sehr geehrter Herr Lorenz,

vielen Dank für Ihre Frage, die ich gerne beantworten möchte.

Die Verteilung von Einkommen und Vermögen wird in Deutschland immer ungleicher. Beides verstärkt sich wechselseitig: Umso höher das Einkommen, umso mehr Geld kann in den Auf- und Ausbau von Vermögen gesteckt werden. Umgekehrt verhilft Vermögen zu Einkommen - in Form von Zinsen, Dividenden, Kurs- und Veräußerungsgewinnen. In Deutschland verfügen rund zwei Drittel der Bevölkerung über kein oder nur ein sehr geringes Vermögen. Das reichste Zehntel hält dagegen inzwischen über 60 Prozent des Geld- und Sachvermögens und vergrößert seinen Anteil seit Jahren kontinuierlich. Die wachsende Vermögenskonzentration ist nicht zuletzt durch die Wirtschafts- und Steuerpolitik der wechselnden Regierungskoalitionen von SPD, Grünen, CDU, CSU und FDP seit 1998 begünstigt worden.

Die Ungleichverteilung von Vermögen - nicht nur in Deutschland, aber auch in Deutschland - hat entscheidend zur Finanz- und Wirtschaftskrise beigetragen. Die großen Vermögenssummen in den Händen von wenigen wurden den Finanzmärkten zugeführt, um dort möglichst hohe Renditen zu erzielen. Verstärkt wurde der Renditedruck noch durch die Möglichkeit, Vermögen mit Krediten zu belegen, um somit noch mehr Kapital einzusetzen zu können. Spekulation und schier uferloses Profitstreben waren das Ergebnis.

Die Kosten der Finanz- und Wirtschaftskrise sind enorm. Dazu zählen neben den Verlusten an Einkommen und Arbeitsplätzen für viele Beschäftigten die stark angestiegenen Defizite in den öffentlichen Haushalten. Es bedarf daher dringend weiterer Einnahmequellen für die öffentliche Hand. Kaum ein Land erzielt bei den vermögensbezogenen Steuern so geringe Einnahmen wie Deutschland: Laut OECD betrug deren Anteil am Bruttoinlandsprodukt 2006 gerade einmal 0,9 Prozent. Das war weniger als die Hälfte des Durchschnitts der OECD-Länder (2,0 Prozent) und der EU-15 Länder (2,2 Prozent). In Großbritannien wurden vermögensbezogene Steuern in Höhe von 4,6 Prozent des Bruttoinlandsproduktes erhoben, in Frankreich sind es 3,4 Prozent und in den USA 3,1 Prozent.

Die Vermögensteuer ist für Deutschland nichts Neues. Formal existiert sie sogar noch, wird aber aufgrund eines Urteils des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 1995 nicht erhoben. Dabei wird in besagtem Urteil ausdrücklich nicht die Vermögensteuer selbst, sondern lediglich die Art ihrer Erhebung - die Ungleichbehandlung von Immobilienvermögen gegenüber sonstigem Vermögen - für rechtswidrig erklärt. Einer Widerbelebung der Vermögensteuer stehen daher keine verfassungsrechtlichen Bedenken im Wege.

Eine gezielte Besteuerung der hohen Vermögen ist nicht nur ein Gebot der klammen Kassen sondern auch eines der Gerechtigkeit. Die Zeche für die Krise müssen die dafür Verantwortlichen zahlen. DIE LINKE fordert die Wiedereinführung der Vermögensteuer, in Form der Millionärsteuer. Sie soll gezielt Vermögensmillionäre treffen. Dies wird durch einen Freibetrag von einer Million Euro erreicht. Wer weniger als eine Million Euro sein Eigen nennt, zahlt keine Steuer. Damit ist zugleich gewährleistet, dass beispielsweise das selbstgenutzte Eigenheim von der Steuer befreit bleibt. Der Teil des Vermögens von Millionären, welcher oberhalb von einer Million Euro liegt, wird mit fünf Prozent besteuert. Die steuerpflichtigen Millionäre werden konsequent individuell besteuert, d.h. Ehegatten werden nicht mehr zusammen veranlagt. Damit wird zum einen die Diskriminierung von nichtehelichen Lebensgemeinschaften gegenüber Ehen durchbrochen. Zum anderen schafft eine individuelle Veranlagung von (Ehe-)Partnern/-innen einen Anreiz, das Vermögen weniger stark in der Hand eines Partners zu konzentrieren.

Mit freundlichen Grüßen

Gesine Lötzsch

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