Frage an Gesine Lötzsch bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

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Gesine Lötzsch
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Frage von Ralf O. •

Frage an Gesine Lötzsch von Ralf O. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Sehr geehrte Frau Lötzsch,

erst einmal herzlichen Dank für Ihre prompte und engagierte Antwort.
Sie schreiben:
"Die USA demonstrieren seit Ende des Kalten Krieges eine ungeheure Aggresivität gegenüber ihnen nicht botmäßigen Staaten. Nur Staaten mit entsprechenden Abschreckungspotential können sich diesem imperailem Gehabe erfolgreich entziehen.".
Wenn das der Fall ist oder wäre, wäre es dann nicht logisch, wenn eine mögliche europäische Armee mit struktureller Nichtangriffsfähigkeit als Schutz gegen amerikanische /und/oder rußische Nuklearpotentiale auch über eine europäische Abschreckung verfügt?Atomwaffen zu besitzen bedeutet ja nicht automatisch, daß man Angriffskriege plant.Deutschland verfügt ja auch noch über eine nukleare Teilhabe.Wie stehen sie zu dieser?

MfG

Ralf Ostner

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Sehr geehrter Herr Ostner,

Die Akzeptanz einer europäischen Armee mit struktureller Nichtangriffsfähigkeit als Abschreckungspotential ist auf den ersten Blick einleutend. Jedoch sind hierbei drei Dinge anzumerken:

1. Die Partei hat noch nicht darüber abschliessend befunden, ob eine europäische anstelle nationaler Armeen eine LINKE Alternative darstellen kann. Denn diese Entscheidung kann frühestens nach der Fusion von Linkspartei und WASG nach entsprechend intensiven Diskussionen gefällt werden.

2. Eine europäische Armee mit sturktureller Nichtangriffsfähigkeit hört sich leichter an als es technisch handhabbar ist. Nehmen Sie beispielsweise das Luftabwehrsystem "MEADS", was eine Defensivwaffe darstellen soll: Es hat für Deutschland keinen taktischen Wert, da wir im Umkreis von 2000 km nicht angegriffen werden (Stichwort: umzingelt von Freunden). Dennoch wird dieses Waffensystem angeschafft. Warum? Es kann in Transportflugzeuge verladen werden, um es irgendwo auf der Welt im Rahmen einer deutschen oder europäischen Intervention als "Defensivsystem" gegen den Angriff von Flugkörpern des angegriffenen Staates einzusezten. Der Defensivcharakter dieses Waffensystems reduziert sich dann auf die Verteidigung einer angreifenden / internvenionistische EU-Armee.
Ähnlich schaut es mit den "europäischen" taktischen Nuklearwaffen aus. Sie können, obwohl eigentlich taktischer Natur, auf andere Trägersysteme wie U-Boote installiert werden (realiter vefügen Briten und Franzosen genau über diese Nuklear bestückten U-Boote bereits), um irgendwo viele tausend Kilometer entfernt auch Druck auf unbotmäßige Länder auszuüben.

Die nukleare Teilhabe verstößt eklatant gegen den Atomwaffensperrvertrag. Genau diese Politik der Nuklearstaaten sowie der Teilhaberstaaten, wie Deutschland, untergräbt den Atomwaffensperrvertrag nicht weniger als die Staaten, die heimlich Nuklearwaffen herstellen. Es muß Schluß sein zu glauben, dass mit einer Politik der doppelten Standards eine Friedenspolitik möglich ist.

Ich hoffe, Ihren Fragen gerecht geworden zu sein.

MfG

Dr. Gesine Lötzsch, MdB

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