Frage an Gesine Lötzsch bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

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Gesine Lötzsch
DIE LINKE
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Frage von Gerhard R. •

Frage an Gesine Lötzsch von Gerhard R. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Sehr geehrte Frau Dr.Lötzsch,

was sind die wahren Gründe für den Krieg in Afghanistan?

Ist es die geostrategische Lage?

Ist es die Nähe zu den riesigen Öl- und Gasreserven in der kaspischen Region?

Ist es die Möglichkeit, später den Iran nicht nur vom Westen
sondern auch vom Osten angreifen zu können?

Ist es der Wunsch der Rüstungsindustrie?

Sind Menschenrechte und Terroristenbekäpfung nur vorgeschobene Gründe?

Interessiert sich der Westen beispielsweise in Afrika viel weniger für Menschenrechte und Terroristen?

Geht es - wie im Irak - um Blut für Öl?

Mit freundlichen Grüßen
Gerhard Reth

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Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrter Herr Rieth,

zunächst vielen Dank für Ihre E-Mail.

Wie Sie der Presse entnommen haben werden, hat die Linksfraktion ihren Protest gegen den Afghanistan-Einsatz der Bundeswehr auch bei den letzten Abstimmungen im Deutschen Bundestag zum Ausdruck gebracht. Demzufoge lehnt die Linksfraktion sowohl das zusammengelegte Mandat von ISAF und Tornado-Einsatz als auch die US-geführte "operation enduring freedom" (OEF) geschlossen ab.

Ich denke die wahren Gründe für den Afghanistan-Krieg liegen in der US-amerikanischen Philosophie des "war on terror". Nach den Terroranschlägen am 11. September 2001 vermutete die westliche Welt deren Drahtzieher in Afghanistan. Das Taliban-Regime wurde im Verein mit der Nordallianz beseitigt und die Jagd nach al-Qaida-Kämpfern des Osama bin Laden eröffnet.

Der Grund für die Intervention der Bundeswehr im Rahmen der ISAF liegt in der Annahme, man könne politischen Konflikten mit militärischen Lösungen begegnen. Der von der Internationalen Schutztruppe geführte Einsatz mit dem Ziel des sog "nation building" wurde in der deutschen Debatte häufig mit Argumenten hinsichtlich der Durchsetzung von Menschenrechte verbunden.

Die LINKE hat von Beginn an einerseits die US-geführte, nicht UN-mandatierte, OEF-Mission und andererseits die ISAF-Intervention abgelehnt. Die LINKE begründet dies folgendermaßen: Die Bevölkerung ist zum einen durch flächendeckende Massenbombardements (insbesondere OEF) im Namen des Kampfes gegen den Terrorismus nicht zu gewinnen, denn diese forcieren nur die unsägliche Gewalt in der Region. Sie führen zu einer Spirale der Gewalt, die die Bilder der heutigen Bürgerkriegszustände in Afghanistan bezeugen.
Zum anderen hält die LINKE den Ansatz der ISAF-Mission für falsch. Wie häufig in den Medien behauptet, wollen wir Afghanistan nicht seinem Schicksal überlassen. Sondern das Geld in die humanitäre Hilfe und den zivilen Aufbau investieren. Die Zahlen aus dem Jahr 2006 sprechen eine deutliche Sprache: Die Mittel aus dem Bundeshaushalt beliefen sich für ISAF auf 501 Mio. Euro und für die Entwicklungszusammenarbeit in Afghanistan auf. 49 Mio. Euro.
Zudem ist die LINKE grundsätzlich gegen Auslands-Einsätze der Bundeswehr, die kriegerische Handlungen vorsehen.

Ich denke, dass die Gründe für den Afghanistan-Einsatz (Terrorbekämpfung, Durchsetzung der Menschenrechte) keine vorgeschobenen sind. Allein wir glauben nicht, dass diese militärische Interventionen rechtfertigen. Denn würde man dieser Argumentation konsequent folgen, müsste man auch in Saudi-Arabien oder Pakistan intervenieren. Die westliche Welt ist durchaus widersprüchlich, wenn es um Menschenrechte geht. Oftmals wird die Menschenrechtslage erst relevant, wenn man sich wirtschaftliche Profite infolge von Interventionen verspricht. Meines Erachtens ist die Lage im Irak und Afghanistan grundverschieden. Dass der wahre Grund für den Irak-Krieg in den Öl-Reserven auf dem irakischen Territorium liegt, ist ja offensichtlich.

Ich wünsche Ihnen für die Zukunft alles Gute!

Dr. Gesine Lötzsch

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