Frage an Gregor Gysi bezüglich Staat und Verwaltung

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Gregor Gysi
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Frage von Peter L. •

Frage an Gregor Gysi von Peter L. bezüglich Staat und Verwaltung

Lieber Herr Gysi,

Sie und Ihre Partei befürworten Volksentscheide.

In Berlin werde ich Zeuge davon, wie dem Instrument des Volksentscheids die Legitimation abgesprochen wird. Wehement weisen immer mehr Politiker darauf hin, dass die Abstimmung für oder gegen die Offenhaltung von Tegel nicht bindend ist. Ertaunlich, wie solch eine simple Frage die Massen bewegt – obwohl das Ergebnis doch nicht binden sein soll.

Wie stellen Sie sich die Implementierung von Volksentscheiden vor? Werden diese nach Ihrer Vorstellung für Politiker bindend sein?

Bauen Sie nach Möglichkeit einen Bezug zum anstehenden Volsentscheid für oder gegen Tegel in Ihre Antwort mit ein. Vielen Dank!

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Sehr geehrter Herr L.,

selbstverständlich trete ich dafür ein, dass Volksentscheide bindend sind, sie müssen aber auch zulässig sein. Hier scheinen mir Regelungen in Berlin zu fehlen. Zum Beispiel müsste nach meiner Vorstellung das Bundesverfassungsgericht bei Volksentscheiden auf Bundesebene prüfen, ob eine Antwort grundgesetzwidrig wäre. Dann wäre der Volksentscheid nicht zulässig. Was bei Tegel unterschätzt wird, ist Folgendes. Die Erlaubnis für Tegel entfällt mit Eröffnung des BER. Wenn die Bevölkerung mehrheitlich entscheidet, dass Tegel offen bleiben soll, dann muss ein neues Eröffnungsverfahren für Tegel eingeleitet werden. Abgesehen davon dass das Jahre dauert, könnte dabei herauskommen, dass die genehmigten Beihilfen für den BER unzulässig werden. In dem Falle müssten der Bund, Brandenburg und Berlin die Beihilfen, die staatlich in Deutschland gewährt wurden, an die Europäische Union bezahlen. Das wird sehr teuer. Hinzu kommt, dass sämtliche Verfahren in Bezug auf den BER vom Bundesverwaltungsgericht unter der Maßgabe entschieden wurden, dass Tegel geschlossen wird. Es steht also die Frage, ob sämtliche Verfahren wiederholt werden müssen. Außerdem würde jetzt das neue deutsche Recht für Tegel gelten. Das bedeutete, dass über 200.000 Wohnungen schallgesichert werden müssen. Mehr als eine Milliarde Euro müsste zur Sanierung in Tegel aufgewendet werden. Tegel wäre außerdem ein Zuschussflughafen und würde jedes Jahr Berlin erhebliches Geld kosten. Aus all diesen Erwägungen halte ich eigentlich den Volksentscheid für unzulässig und meine, dass wir diesbezüglich eine neue Regelung benötigen. Andernfalls teile ich Ihre Auffassung. Was soll ein Volksentscheid, wenn er nicht bindend ist?

Mit freundlichen Grüßen

Gregor Gysi

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