Frage an Helge Braun bezüglich Gesundheit

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Helge Braun
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Frage von Andreas S. •

Frage an Helge Braun von Andreas S. bezüglich Gesundheit

Sehr geehrter Herr Dr. Braun,

der heutigen taz entnehme ich, daß bei den fehlerhaften Brustimplantaten der Fa. PIP, die auch in Deutschland implantiert worden, die gesetzlichen Krankenversicherungen die Kosten für deren Entfernung übernehmen müssen. Können Sie mir bitte erklären, warum die GKV dafür aufkommen müssen?

Nach meinem Verständnis hatten die betroffenen Frauen ein Vertragsverhältnis mit dem Arzt bzw. der Klinik. Die werden sicher gut daran verdient haben. Und haben jetzt eine Reklamation, die sie abwickeln müssen. Das ist im BGB geregelt.

Bitte erklären Sie mir, warum ich jetzt als Mitglied der GKV für Schadensfälle aufkomme soll? Und auf der anderen Seite für die kieferorthopädische Behandlung meines Sohnes 5000 Euro bezahlen soll, da die - lt. Kierferorthopädem notwendige Behandlung - nicht von der GKV übernommen werden können, da von "der Politik" nicht entsprechend eingestuft.

Gerne erwarte ich Ihre Antwort.

MfG
Andreas Schneider

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Sehr geehrter Herr Schneider,

haben Sie vielen Dank für Ihre Anfrage.

Die Gesetzliche Krankenversicherung (GKV) ist ein Zusammenschluss von Mitgliedern, die nach dem Solidaritätsprinzip unter Berücksichtigung Ihres persönlichen Einkommens Beiträge einzahlen und dafür Anspruch auf medizinische Leistungen haben.

Diese Leistungen sind gesetzlich festgelegt und sollen die Gesundheit der Mitglieder erhalten, wiederherstellen oder zumindest verbessern. Dabei dürfen sie das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Die Leistungen werden unabhängig von der Frage gewährt, ob der Patient für seine Erkrankung verantwortlich ist oder nicht.
Bei Patienten, die sich Implantate der Firma „Poly Implant Prothèse“ (PIP) einsetzen ließen, besteht ein erhöhtes Risiko, dass die Silikonkissen reißen und sogenanntes Industriesilikon in den Körper austritt. Dieses steht im Verdacht, beispielsweise Entzündungen oder Krebserkrankungen zu verursachen. Patienten, die Mitglied in der GKV sind, haben deshalb Anspruch auf eine Kostenübernahme für die Entfernung des Implantats.

Die GKV übernimmt dabei für Patienten, bei denen aufgrund einer Erkrankung die Wiederherstellung der Brust erforderlich war, die kompletten Kosten. Patienten, bei denen die Implantation hingegen aus rein ästhetischen Gründen erfolgte, müssen sich seit dem Jahr 2007 an den Kosten für die Entfernung der Implantate gemäß § 52 Abs. 2 SGB V „in angemessener Höhe“ beteiligen. Das Einsetzen neuer Implantate wird nicht von der GKV gezahlt.

Die GKV finanziert somit keine Schönheitsoperationen, kommt aber aufgrund des gesundheitlichen Risikos ihrer Verantwortung gegenüber ihren Versicherten nach.
Bei kieferorthopädischen Behandlungen sind die Behandlungsbedürftigkeit und eine Übernahme der Kosten durch die GKV ebenfalls vom Befund abhängig.
Es werden dabei die Indikationsgruppen KIG I bis V unterschieden, die im Zuge der Gesundheitsreform im Jahr 2000 festgesetzt wurden. Danach soll eine klare Trennlinie zwischen Befunden mit eindeutig medizinischer Behandlungsnotwendigkeit und Befunden gezogen werden, deren medizinische Notwendigkeit nicht hinreichend begründet ist. Eine verbindliche Richtlinie, die medizinische und ästhetische Indikationen klarer voneinander abgrenzt und objektiv überprüfbar macht, wird derzeit erarbeitet.

Kieferorthopädische Behandlungen bei unter 18jährigen Patienten gehören zu den vertragszahnärztlichen Leistungen und werden von der GKV übernommen, wenn der Schweregrad größer als KIG 2 ist. Kieferorthopädische Behandlungen bei Personen ab 18 Jahren sind hingegen seit 1993 von der vertragszahnärztlichen Behandlung ausgenommen. Erwachsene erhalten Leistungen nur noch bei schweren Kieferanomalien ab KIG 3, bei denen eine Kombination aus kieferchirurgischen und kieferorthopädischen Maßnahmen notwendig ist, um Kieferfehlbildungen, Anomalien der Bisslage und Zahnstellungsanomalien zu beheben.

Sofern Sie Einwände gegen die Einstufung des Schweregrads des Befundes haben, können Sie als Versicherter über ein Widerspruchsverfahren bei den Kassen eine Begutachtung einfordern.

Leider kann ich Ihrem Schreiben weder entnehmen, wie alt Ihr Sohn ist, noch um was für eine Behandlung es sich genau handelt, weshalb ich Ihren Fall nicht beurteilen kann. Ich empfehle Ihnen deshalb, sich an Ihre Krankenkasse zu wenden.

Ihnen und Ihrem Sohn wünsche ich alles Gute.

Mit freundlichen Grüßen
Dr. Helge Braun

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