Wie wollen Sie dazu beitragen, dass der Bund steuerrechtliche Lücken schließt, die im Sachsenwald eine private Steueroase ermöglicht haben?
Herr Abgeordneter Schmidt,
zwischen 2017 und 2023 nutzten Unternehmen eine Adresse im bislang gemeindefreien Sachsenwald, um Gewerbesteuern an den privaten Eigentümer statt an Kommunen zu zahlen. Medienberichte (u. a. ZDF Magazin Royale, FragDenStaat) dokumentieren fehlende wirtschaftliche Substanz am Ort und erhebliche Steuerausfälle für die Region. Nun besteht gesetzgeberischer Klärungsbedarf beim Gewerbesteuer-Ortsprinzip und den Substanzanforderungen für Betriebsstätten. Als gewählter Abgeordneter des betroffenen Wahlkreises bitte ich Sie um eine klare Positionierung:
1) Welche bundesrechtlichen Schritte halten Sie für notwendig, um vergleichbare Konstruktionen künftig auszuschließen?
2) Wie wollen Sie sicherstellen, dass Kommunen rückblickend und künftig vor solchen Einnahmeverschiebungen geschützt werden?
3) Woran können wir Sie am Ende der Legislatur konkret messen?
Sehr geehrter Herr L.,
haben Sie vielen Dank für Ihre Anfrage zum steuerrechtlichen Missstand im Sachsenwald. Die von Ihnen geschilderten Vorgänge werfen grundlegende Fragen zur Steuergerechtigkeit und zur Verantwortung staatlicher Ordnung auf – Themen, die mir als direkt gewähltem Abgeordneten des Bundestags und als Vertreter unserer Region besonders am Herzen liegen.
Zu Ihrer ersten Frage:
Die beschriebenen Praktiken im gemeindefreien Sachsenwald zeigen deutlich, dass das derzeitige Gewerbesteuer-Ortsprinzip sowie die Definition betrieblicher Substanz einer rechtlichen Nachschärfung bedürfen. Aus meiner Sicht sind auf Bundesebene insbesondere folgende Schritte notwendig:
- Klarstellung im Gewerbesteuergesetz, dass eine Betriebsstätte nur dann als solche anerkannt wird, wenn dort auch eine tatsächliche, dauerhafte wirtschaftliche Tätigkeit mit eigenem Personal stattfindet.
- Prüfung einer bundeseinheitlichen Mindestsubstanzanforderung, damit Scheinstandorte ohne echte wirtschaftliche Präsenz künftig nicht mehr zur Verlagerung von Steueraufkommen missbraucht werden können.
- Anpassung des Kommunalabgabengesetzes mit dem Ziel, dass gemeindefreie Gebiete steuerlich nicht länger zum Einfallstor für Umgehungskonstruktionen werden.
Hierzu stehe ich bereits im Austausch mit Fachkolleginnen und -kollegen im Finanzausschuss sowie mit dem Bundesministerium der Finanzen, um zügig eine rechtssichere und praktikable Lösung zu erarbeiten.
Zu Ihrer zweiten Frage:
Kommunen sind das Rückgrat unserer öffentlichen Daseinsvorsorge. Dass sie durch legale, aber missbräuchliche Steuermodelle wie im Sachsenwald Einnahmen verlieren, ist nicht hinnehmbar. Daher setze ich mich dafür ein:
- dass eine rückwirkende Überprüfung der betroffenen Fälle auf Bundes- und Landesebene erfolgt, um eventuelle Rückforderungsmöglichkeiten auszuloten – soweit dies rechtlich zulässig ist;
- dass in Zukunft eine automatische Zuweisung der Gewerbesteuer an die tatsächlich wirtschaftlich betroffene Kommune erfolgt – insbesondere bei Betrieben in gemeindefreien Gebieten;
- und dass Kommunen bei der Kontrolle von Betriebsstätten gestärkt werden, etwa durch besseren Datenzugang und Kooperationsmöglichkeiten mit den Finanzbehörden.
Zu Ihrer dritten Frage:
Am Ende der Legislaturperiode können Sie mich an folgenden Punkten messen:
- Ob wir im Bundestag eine gesetzliche Neuregelung zum Betriebsstättenbegriff und zum Gewerbesteuer-Ortsprinzip verabschiedet haben, die Schlupflöcher wie im Sachsenwald schließt.
- Ob die Kommunen künftig wirksam vor derartigen Steuerverlagerungen geschützt sind – etwa durch klarere Zuständigkeiten und gerechtere Steuerzuweisung.
Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit und das Vertrauen, das Sie mit Ihrer Anfrage zum Ausdruck bringen. Für unsere Region, für Steuergerechtigkeit und für eine starke kommunale Selbstverwaltung werde ich mich auch weiterhin einsetzen.
Mit freundlichen Grüßen
Henri Schmidt, MdB
