Frage an Jan Philipp Albrecht bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

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Jan Philipp Albrecht
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Frage an Jan Philipp Albrecht von Helena P. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Laut Schätzungen der Europäischen Anti-Korruptions-Agentur OLAF verursacht Korruption in der EU einen wirtschaftlichen Schaden in Höhe von 120 Milliarden Euro. Genau so viel soll der gesamte langfristige wirtschaftliche Vorteil von TTIP soll gemäß der von der EU Kommission beauftragten CEPR-Studie betragen, vorausgesetzt dass alle Zölle und Handelshemm-nisse fallen würden. Diese Schätzung umfasst noch nicht einmal den Schaden auf der EU-Ebene. Den größten Schaden, so die Erkenntnisse der EU-Kommission, verursacht die poli-tische Korruption, d.h. die im Geheimen stattfindende Beeinflussung politischer Entschei-dungsträger zu Lasten der übrigen Gesellschaft. Für TTIP sind die Korruptionsanreize größer als jemals in der Geschichte der EU. Während der fünf Jahre geheimer Verhandlungen hat die EU-Kommission genau diese Beeinflussung zugelassen und hat es nicht geschafft, in die Handelsabkommen wirksame Maßnahmen gegen Korruption einzubringen. In CETA (und TTIP) sind – neben vagen Bezügen zu gesetzlich unverbindlichen internationalen Verhaltensempfehlungen und best practices - keine effektiven Maßnahmen gegen Korruption vorgesehen. (Winzige Ausnahme im Investitionskapitel: durch Korruption entstandene Investitionen werden nicht zum Investor-Staat-Schiedsgericht zugelassen.)
Auch die Anti-Korruptionsmaßnahmen bei den EU-Institutionen selbst stecken in Kinder-schuhen: Kein verpflichtendes Lobbyistenregister, Transparenz erst seit Anfang dieses Jahres und nur für Sekundärdokumente und keine effektiven Hinweisgebersysteme (s. Studie des EU-Büros von Transparency International).
Unter Kenntnis dieser Umstände, halten Sie die Unterstützung für TTIP und CETA vertretbar?

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrte Frau P.,

vielen Dank für Ihre Frage. Ich halte die Unterstützung für TTIP und CETA
in der derzeitigen Form für nicht vertretbar.

Sie sprechen in Ihrer Mail eine Reihe von Problemen an und die Liste von
Gründen, warum Handelsabkommen wie TTIP und CETA meines Erachtens nicht
unterstützt werden können, ist lang. Selbst unter optimistischen Annahmen,
sind die erwarteten Wachstums- und Beschäftigungseffekte durch TTIP sehr
gering und bewegen sich in der Größenordnung von Rundungsfehlern. Mehr dazu
hier:

http://www.zeit.de/wirtschaft/2014-11/ttip-freihandelsabkommen-arbeitsplaetze

Als Grüne kritisieren wir des Weiteren die Aushebelung des Rechtsstaats
durch die Einführung einer Paralleljustiz (ISDS) mithilfe von TTIP. Wir
lehnen die Verhandlungen im Geheimein ab und befürchten eine massive
Herabsetzung europäischer Schutzstandards z.B. im Bereich Lebensmittel.
Ausführlichere Informationen zur Position der Grünen im Europäischen
Parlament zu TTIP finden Sie hier:

http://ttip2015.eu/

In puncto Korruptionsbekämpfung gibt es Bewegung. Im Moment laufen die
Verhandlungen zur "Europäischen Staatsanwaltschaft" EPPO (European Public
Prosecutor´s Office). Die EPPO soll eine unabhängige EU-Behörde sein, die
selbstständig bei Straftaten gegen die finanziellen Interessen der EU
ermittelt und mit den mitgliedstaatlichen Strafverfolgungsbehörden sowie in
Zusammenarbeit mit Eurojust z.B. Betrug zu Lasten der EU bekämpft. Ein
aktuelles Briefing dazu finden Sie hier.

http://www.janalbrecht.eu/themen/justiz-und-strafrecht/europaeische-staatsan
waltschaft-abgeordnete-fordern-hohe-standards-fuer-beschuldigte-und-verdaech
ti.html

Mit freundlichen Grüßen

Jan Philipp Albrecht