Frage an Jimmy Schulz bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

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Jimmy Schulz
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Frage von Geza G. •

Frage an Jimmy Schulz von Geza G. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Schultz,

wie stehen Sie zu den ueber´s Wochenende bekannt gewordenen Plaenen der grossen Bundestagsfraktionen, das Rederecht von Bundestags-Abgeordneten dadurch zu beschneiden, dass es nur noch in Absprache mit der jeweiligen Fraktion erteilt wird? Ich hoffe sehr, dass sich die liberale Partei fuer ein nicht noch weiter beschraenktes Rederecht und fuer (wenn moeglich sogar mehr) Meinungsvielfalt im Parlament einsetzt. Diskurs und Meinungsaustausch sind Grundvoraussetzungen einer erfolgreichen offenen Gesellschaft und es sollte gewaehlten Abgeordneten immer moeglich sein, auch ohne Fraktions-Plazet ihre meinung im Bundestag als Redner zu vertreten.

Mit freundlichen Gruessen

Geza Giedke

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Antwort von
FDP

Sehr geehrte Frau Giedke,

besten Dank für Ihre Mail zu der wichtigen Debatte um das Rederecht. Lassen Sie mich vorwegschicken: Mit den damals tatsächlich geplanten Änderungen der Geschäftsordnung hatten die Medienberichte nicht viel zu tun. Es ist mir als Parlamentarier wichtig, dies klarzustellen, weil die Vorwürfe, die in den Medien erhoben wurden, ebenso schwerwiegend wie unzutreffend waren.

Als Parlamentarier bin ich – genauso wie alle meine Kollegen - allein meinem Gewissen unterworfen (Art. 38 Absatz 1 Satz 2 GG) und das bleibt auch so. Die angedachten Änderungen zum Rederecht sollten dieses Recht nicht einschneiden.

Fraktionsmitgliedern, die eine andere Meinung als ihre Fraktion vertraten, wurde bereits in der Vergangenheit die Möglichkeit gegeben, ihre Meinung auch vor dem Parlament vorzutragen. Es gibt dafür bislang aber keine ausdrückliche Regelung in der Geschäftsordnung des Bundestages (GOBT), sodass die Zulassung von Rednern außerhalb der Redezeitkontingente der Fraktionen im Ermessen des Präsidenten des Deutschen Bundestages liegt. Zur Zeit ist Dr. Norbert Lammert der Präsident des Bundestages, der Abweichlern soweit möglich immer gerne noch ein Rederecht eingeräumt hat, frühere Bundestagspräsidenten waren diesbezüglich teilweise zurückhaltender. Wie zukünftige Präsidenten das handhaben werden, ist nicht klar. Denn zur Zeit können sich die Abgeordneten auf keine festgeschriebene Regelung berufen und diese Rechtsunsicherheit trägt auch immer die Gefahr des Missbrauchs von allen Seiten in sich. Da es eben keine Regelung gibt, ist das Rederecht für Abweichler auch nicht schriftlich garantiert, das wollten wir ändern.

Die angedachten Neuerungen sollten nun eine Regelung festschreiben, die allen Seiten gerecht wird.
Die Erteilung von Redezeit an „Abweichler“ sollte dem Entwurf zufolge im Benehmen mit den Fraktionen stattfinden, was bedeutet, dass die Fraktionen hätten informiert werden und Gelegenheit zur Stellungnahme hätten haben müssen. Ein Zustimmung der Fraktionen wäre - entgegen der Darstellung in einigen Presseartikeln - damit ausdrücklich nicht erforderlich gewesen. Entschieden hätte allein der neutral handelnde Präsident des Deutschen Bundestages.
Die Regelung, die von Union, SPD und FDP mitgetragen wurde, sah eine Redezeit von in der Regel drei Minuten vor, was für einfache Debatten eine noch übliche Redezeit darstellt. Inwiefern die drei Minuten dafür ausreichend sind, ist durchaus diskussionswürdig. Allerdings sollte man hier nicht vergessen, dass bei einer halbstündigen Debatte die derzeit kleinsten Fraktionen (Grüne und LINKE) nur vier Minuten zur Verfügung haben, sodass drei Minuten für einzelne Abgeordnete auch als ausreichend angesehen werden könnten. Die in der Norm festgelegten drei Minuten sind auch nur ein Richtwert, sodass der Präsident bei berechtigen Gründen auch mehr Redezeit erteilen kann.

Ich muss ehrlich sagen, dass ich nicht erkennen kann, inwiefern den Abgeordneten damit ein „Maulkorb“ angelegt worden wäre. Dies wurde von allen Fraktionen ungünstig kommuniziert und daher in der Presse teils heftig kommentiert. Ich kann Ihre Empörung daher sehr gut nachvollziehen. Aufgrund der Berichterstattung haben sich die den Vorschlag tragenden Fraktionen schließlich dazu entschlossen, diese Änderung der Geschäftsordnung nicht weiterzuverfolgen.

Ich hoffe, Ihnen damit alle aufgeworfenen Fragen beantwortet zu haben.
Ihr
Jimmy Schulz