Frage an Joachim Herrmann bezüglich Finanzen

Portrait von Joachim Herrmann
Joachim Herrmann
CSU
100 %
20 / 20 Fragen beantwortet
Frage von Guido L. •

Frage an Joachim Herrmann von Guido L. bezüglich Finanzen

Sehr geehrter Herr Innenminister Herrmann,
vor wenigen Tagen hat der Haushaltsausschuss des bayer. Landtags 100 Mio. € für die Beschaffung acht neuer Hubschrauber für der Ihnen unterstellte bayerische Polizeihubschrauberstaffel freigegeben (siehe https://www.br.de/nachrichten/bayern/bayerische-polizei-bekommt-neue-hubschrauber,S5SYvzA und https://www.sueddeutsche.de/panorama/polizei-muenchen-bayern-will-neue-polizeihubschrauber-fuer-100-millionen-euro-dpa.urn-newsml-dpa-com-20090101-200703-99-664275 ).
Die neuen Hubschrauber sollen die momentan im Einsatz befindlichen acht Maschinen vom Typ Airbus EC 135 (Version P3 oder auch H135) substituieren (Ziel: höhere Nutzlast und größeres Raumangebot für SEKs usw.).
Sie haben sich vor wenigen Tagen dazu geäußert und sprachen von einer "europaweiten Ausschreibung": https://www.youtube.com/watch?v=fmU0YmWcMDc (bei Minute 0:10).
Ihre Aussage wirft für mich Fragen auf:
- Warum ließen Sie bereits jetzt einen Polizeihubschrauber vom Typ Airbus H145 (4 to- Klasse) (aus Baden-Württemberg werbewirksam) einfliegen, wenn Sie von einer "europaweiten Ausschreibung" sprechen (es gibt bekanntlich Wettbewerbsmodelle zur H145 (siehe z.B. https://de.wikipedia.org/wiki/AgustaWestland_AW169 ))?
Zur Sicherung bayerischer Arbeitsplätze wäre es sicherlich sinnvoll, den Typ Airbus H145 zu beschaffen (diese Maschinen werden bekanntlich in Donauwörth gefertigt). Um EU-Wettbewerbsrecht zu entsprechen, muss vor einer solchen Entscheidung bekanntermaßen eine EU-weite Ausschreibung erfolgen.
- Fürchten Sie nicht, dass, sollte die Entscheidung tatsächlich zu Gunsten von Airbus fallen (was m.E. zu erwarten ist), dass dessen Mitbewerber (z.B. AgustaWestland) diese Entscheidung anfechten wird, weil Sie sich schon heute werbewirksam vor einer H145 positioniert haben (man könnte angesichts der aktuellen Bilder m.E. eine bewusste Vorentscheidung vor der Bewertung eventueller Angebote der Hubschrauber-Hersteller vermuten)?
Eine grundsätzliche Frage: Angesichts der Coronavirus-bedingten zu erwartenden deutlich sinkenden Steuereinnahmen:
- Sehen Sie keine Möglichkeit, dass nur ein Teil (50%) der zum Austausch gegen größere Polizeihubschrauber vorgesehenen EC 135 durch neue, größere und wesentlich teurere Maschinen ersetzt wird (bekanntlich erfordert nicht jeder Einsatz einen Hubschrauber der 4 to-Klasse (z.B. Such- und Rettungsflüge))?
Übrigens: Auch die jetzt noch im Einsatz befindlichen Maschinen können mit Wärmebildkameras und Rettungswinden operieren ( https://www.polizei.bayern.de/content/5/6/2/7/preview_thb_dsc_3693.jpg und https://www.sueddeutsche.de/image/sz.1.4093929?v=1534341679 ).

In gespannter Erwartung Ihrer baldigen, selbstverständlich ehrlichen Antwort verbleibe ich

mit freundlichen Grüßen aus Eching (LKr. Freising)
Guido Langenstück

Portrait von Joachim Herrmann
Antwort von
CSU

Sehr geehrter Herr L.,

vielen Dank für Ihre Nachricht vom 26. Juli 2020.

Zu Ihrer Frage, warum bei dem Pressetermin am 22. Juli 2020 ein Hubschrauber der 4-Tonnenklasse der Polizei Baden-Württemberg gezeigt wurde, kann ich Ihnen Folgendes mitteilen:

Derzeit sind bei der Bayerischen Polizei acht Hubschrauber vom Typ EC135, Maschinen der sog. „3-Tonnen-Klasse“, im Einsatz. Aufgrund des Alters der Maschinen von aktuell über zehn Jahren und der laufenden starken Beanspruchung ist aus wirtschaftlichen Gründen zeitnah ein Ersatz vorgesehen. Zudem fliegen wir damit auch bereits seit längerem an der Leistungsgrenze dieses Hubschraubertyps hinsichtlich der Zuladung und Reichweite. Auch die veränderte Sicherheitslage, wie die steigende Anzahl an Rettungs-, Lösch- und Katas­tropheneinsätzen haben zu einer Neubewertung der Anforderungen an einen neuen Hubschrauber geführt. Die Bayerische Staatsregierung hat deshalb auf meinen Vorschlag hin beschlossen, in eine neue hochmoderne Hubschrauberflotte zu investieren. Künftig wollen wir daher größere und leistungsfähigere Modelle der „4-Tonnen-Klasse“ einsetzen, wie das bereits in Baden-Württemberg und in vier weiteren Bundesländern der Fall ist.

In dem Pressetermin am 22. Juli 2020 haben wir am Beispiel eines Hubschraubers der 4-Tonnen-Klasse gegenüber der Öffentlichkeit konkret verdeutlichen wollen, welche Vorteile diese größere Hubschrauberklasse insbesondere für den Transport von Kräften des Spezialeinsatzkommandos hat. Diejenigen Bundesländer, die bereits Polizeihubschrauber der größeren Klasse im Einsatz haben, verfügen jedoch ausschließlich über Maschinen der Fa. Airbus (H145). Damit ist jedoch keine Vorfestlegung auf diesen konkreten Hubschraubertyp bzw. auf den Hubschrauberhersteller getroffen worden. Die neuen bayerischen Hubschrauber werden natürlich in einem transparenten formalen Vergabeverfahren europaweit ausgeschrieben.

Zu Ihrer Anregung, nur die Hälfte der Hubschrauberflotte durch ein größeres Modell auszutauschen, können wir Ihnen mitteilen, dass die Vorhaltung und der laufende Betrieb von zwei verschiedenen Hubschraubermustern nicht wirtschaftlich ist. Lizenzierung, Ausbildung der Piloten, Schulungen, Wartung und Ersatzteilbevorratung für zwei unterschiedliche Muster bedeuten einen erheblich höheren zeitlichen, finanziellen und personellen Aufwand. Auch aus einsatztaktischer Sicht macht nur ein Hubschraubermuster mehr Sinn, da jeder zur Verfügung stehende Hubschrauber von allen Piloten geflogen werden und das gesamte Einsatzspektrum mit dem Einsatz von Tageslichtkamera, Wärmebildkamera, Suchscheinwerfer, Rettungswinde oder Lasthaken für Feuerlöschbehälter abgedeckt werden kann.

Ich hoffe, diese Informationen waren für Sie hilfreich, und wünsche Ihnen alles Gute!

Mit freundlichen Grüßen
Joachim Herrmann, MdL

 

Was möchten Sie wissen von:
Portrait von Joachim Herrmann
Joachim Herrmann
CSU