Gegen wen verteidigt uns Bundeswehrartillerie?

Johannes Arlt unterwegs im Wahlkreis
Johannes Arlt
SPD
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Frage von Jan H. H. •

Gegen wen verteidigt uns Bundeswehrartillerie?

Sehr geehrter Herr Arlt,
SPD-Verteidigungsministerin Lambrecht und auch Sie hier in einer Antwort haben vielfach angeführt, die Lieferung von Waffen aus Beständen der Bundeswehr an die Ukraine wäre nur soweit möglich, dass die Fähigkeit zur Landesverteidigung aufrecht erhalten bliebe. Von Ihnen als SPD-Mitglied im Verteidigungsausschuss wüsste ich gern, nachdem Ihr Obmann Beantwortung von Fragen hier verweigert, gegen wen die Bundeswehr das Land verteidigen soll, wenn nicht gegen genau die Truppen, gegen die Ukrainer derzeit mit ihren Leben, aber ohne allzu viele unserer Waffen kämpfen? Nachbarländer wie Frankreich und Polen? Eine chinesische Invasion via Nord- und Ostsee? Schützt Artillerie vor Terroristen? Hat die Bundeswehr Kenntnis von aggressiven Aliens? Sie schreiben, 7 deutsche Haubitzen leisteten einen wichtigen Beitrag. Wie vielen russischen stehen die Ihrer Schätzung nach gegenüber? Ist der deutsche Beitrag angemessen im Vergleich zu dem etwa kleiner baltischer Länder?

Johannes Arlt unterwegs im Wahlkreis
Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr H.,

danke für Ihre Frage.

mein Standpunkt bzgl. der Aufrechterhaltung der Landes- und Bündnisverteidigungsfähigkeit bezieht sich auf die die Grundsätze, die Bundeskanzler Olaf Scholz zur Bestimmung einer deutschen Position zur Unterstützung der Ukraine als Leitlinien definiert hat:

1. Deutschland wird keine Kriegspartei

2. Wir liefern nur, was die Ukraine sofort nutzen kann.  (daher auch die Idee des Ringtausches)

3. Wir liefern nur, was unserer eigenen Verteidigungsfähigkeit nicht schadet.

4. Wir agieren nur nach Abstimmung mit unseren Partnern.

Die Landesverteidigung ist eine der Kernaufgaben des Staates. Dafür muss kein konkreter "Feind" oder "Gegner" benannt werden. In einer multipolaren Welt kann es in verschiedenen Domänen der Kriegführung (Land, Luft, See, Cyber, Space) verschiedene Herausforderer geben. Mit diesen ist auch unser Land konkret konfrontiert.

Deutschland hat nach dem Ende des kalten Krieges  mindestens 25 Jahre von der sogenannten Friedensdividende profitiert und als Folge dieser Politik bilden auch sieben Panzerhaubitzen einen substanziellen Beitrag, der im Sinne der eigenen und bei der Nato eingemeldeten Fähigkeit betrachtet werden muss. 

Gemeinsam mit dem niederländischen Beitrag ermöglicht die Lieferung von insgesamt zwölf Haubitzen die Aufstellung dreier UKR Artillerie-Batterien mit PzH 2000 . Die Lieferung dieser modernen Waffensysteme wird den ukrainischen Streitkräften helfen, der russischen Feuerkraft eine wirksame Reaktion entgegenzustellen. Des Weiteren wird das in Deutschland noch nicht eingeführte Waffensystem IRIS-T SL aus dem Hause DIEHL -nach Ausbildung der UKR Soldaten- an die UKR geliefert werden

Aus meiner Sicht ist ein Vergleich der Lieferungen zu anderen Ländern nicht zielführend, da jedes Land eigenständig über die Gestaltung seiner Außen- und Sicherheitspolitik entscheidet. Unser Beitrag ist im Konzert der großen europäischen Länder angemessen. Aus meiner Sicht sollten auch diplomatische Initiativen wieder einen bedeutenderen Anteil unserer Außenpolitik einnehmen, denn militärische Maßnahmen sind nicht Hauptbestandteil einer klugen Außenpolitik sondern deren "ultima ratio". 
Davon unbenommen sind natürlich unsere Reassurance-Maßnahmen an der NATO-Ostflanke.

Für Schätzungen zu den eingesetzten russischen Artilleriefähigkeiten empfehle ich die entsprechenden Websites (z.B. Website des Institute for the Study of War) zu konsultieren, die den Verlauf des Krieges und die eingesetzten Fähigkeiten dokumentieren.

Mit freundlichen Grüßen,

Johannes Arlt

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