Wie wird das "Selbstbestimmungsgesetz" die Realitäten von nicht-binären Menschen berücksichtigen und was ist Ihr Standpunkt zu diesem Thema?

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Johannes Fechner
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Frage von Amélie T. •

Wie wird das "Selbstbestimmungsgesetz" die Realitäten von nicht-binären Menschen berücksichtigen und was ist Ihr Standpunkt zu diesem Thema?

Sehr geehrter Herr Fechner,
mit großer Freude habe ich die Zusage der Koalition aufgenommen, das TSG nach 41 Jahren Leid und nicht weniger als sieben BVerfGEen ein für alle mal abzuschaffen. Doch angesichts der geringen Aufmerksamkeit (auch vonseiten des Kanzlers), die das Thema erfährt, muss ich mich fragen, ob wirklich endlich eine vertretbare und vor allem menschenrechtskonforme Neuregelung gefunden wird. Ein öffentlich wenig beachteter Kritikpunkt am TSG ist die Geschlechterbinarität, die es durch Formulierungen wie "das andere Geschlecht" festschreibt. Dies jedoch wird den Lebensrealitäten von nicht-binären Menschen nicht gerecht. Wir müssen teils noch immer, um die für uns u.U. lebensrettende Hormonersatztherapie zu bekommen, den sogenannten "Alltagstest" durchlaufen, der uns je nach Umfeld bis auf die Knochen blamiert und uns von Familie und Freund*innen über Wohnung und Job bis hin zu unserem Leben alles kosten kann. Das darf so nicht länger weitergehen.
Viele Grüße, Amélie

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Sehr geehrte Frau T.,

vielen Dank für Ihre Anfrage zum TSG und dem neuen Selbstbestimmungsgesetz.

Wie Sie, freue auch ich mich, dass es nun endlich eine Mehrheit im BT für die Abschaffung des TSGs gibt. Und wir werden es, wie im Koalitionsvertrag vereinbart, durch ein fortschrittliches Selbststimmungsgesetz ersetzen.

Dabei legen wir Wert darauf, dass zukünftig durch Selbstauskunft eine Änderung des Geschlechtseintrags möglich ist. Das Offenbarungsverbot werden wir erweitern und die essentiellen Aufklärungs- und Beratungsangebote stärken. Für Betroffene, die aufgrund früherer Gesetzgebung Körperverletzungen erlitten haben und Zwangsentscheidungen unterlagen, wird ein Entschädigungsfond eingerichtet. Außerdem wird die GKV die Kosten geschlechtsangleichender Behandlungen vollständig übernehmen und wir werden den Schutz von Kindern mit Varianten der Geschlechtsentwicklung erweitern.

Das ist nur ein Teil unserer Maßnahmen für Akzeptanz und Schutz sexueller und geschlechtlicher Vielfalt. In unserem ressortübergreifenden nationalen Aktionsplan setzen wir auf Aufklärung und rechtliche Anerkennung, um den Betroffenen aus einer schwierigen Situation zu helfen, die bisher großes Leid gebracht hat. Ich habe bereits als Anwalt für meine Mandant:innen gegen die aktuellen Belastungen durch das TSG gekämpft, daher sind mir die zahlreichen Hindernisse und Hürden bekannt.

Umso glücklicher bin ich, dass wir mit unseren Koalitionspartnern einer Meinung sind und endlich die Lage der Betroffenen verbessern können. Die Gesetzesentwürfe, die die Koalitionspartner 2020 eingebracht haben, dienen uns dabei als gute Orientierungsgrundlage. Wir planen bis Ende dieses Jahres einen Gesetzesentwurf vorzustellen.

Ich werde mich dafür einsetzen, dass das Selbstbestimmungsgesetz die Realität und Vielfalt der Menschen, besonders der LSBTIQ*-Community, abbilden und stärken wird.

Mit freundlichen Grüßen

Johannes Fechner

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