Frage an Johannes Kahrs bezüglich Europapolitik und Europäische Union

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Frage von Eike N. •

Frage an Johannes Kahrs von Eike N. bezüglich Europapolitik und Europäische Union

Moin Johannes,

ich habe mich gefreut, dass Du am Freitag in Steingarts Morning Briefing über das wichtige Thema der Corona-Bonds geredet hast. Ich bin mit Dir einverstanden, dass europäische Solidarität richtig und gut ist. Auch, dass die Europäische Union tätig werden muss. Aber die bestehenden Instrumente reichen nicht aus, um die Krise zu bekämpfen. Es braucht jetzt Corona-Bonds.

Die Corona-Krise ist hart und trifft Menschenleben direkt. Das hat so keiner kommen sehen. Es ist dementsprechend selbstredend, dass Staaten alles in ihrer Hand Mögliche unternehmen, um einerseits Menschenleben zu retten und andererseits die Wirtschaft mit allen Mitteln auffangen zu versuchen.

Das kostet eine Menge Geld. Deutschland kann es sich leisten, diese Summen aufzuwenden für Kurzarbeitergeld, Finanzhilfen und Kredite. Auch, weil deutsche Staatsanleihen gefragt sind wie selten zuvor. Andere Staaten können diese Summen nicht so einfach aufwenden, da ihre Staatsanleihen mit hohen Zinssätzen verbunden sind und dadurch langfristige finanzielle Risiken entstehen.

Warum ist es für die deutsche Bundesregierung im Allgemeinen, und für unseren sozialdemokratischen Finanzminister und Dich im Konkreten jetzt undenkbar, Corona-Bonds zu emittieren?

Du meinst, man müsse mit bestehenden Instrumenten helfen.

Durch die EZB zum Beispiel? Zum Glück hat diese bereits massiv Staatsanleihen von z.B. Italien gekauft, damit deren Zinssatz nicht durch die Decke geht. Die EZB kann aber nur über Banken und Finanzmärkte wirken und keine direkte Hilfe an Bedürftige bereitstellen.

Oder durch den Eurorettungsfonds ESM? Für einige besteht natürlich die Sorge, dass sich Staaten dadurch auf ihren Schulden ausruhen könnten. Andererseits handelt es sich hier immer noch um einen Kredit, der Schuldenstand von z.B. Italien würde also steigen und damit die Gefahr, durch Spekulaneten unter den Druck der Finanzmärkte zu geraten. Zudem ist der ESM mit harten Reformauflagen und möglichen Sanktionen aus Brüssel verbunden. In Italien wütet aber ein Virus, keine haushaltspolitischen Spielereien.

Ich würde mir von Dir einen Einsatz für kurzfristige Corona-Bonds sehr wünschen. So könnten alle Staaten der Währungsunion die notwendigen Maßnahmen ergreifen, um ihre Bevölkerungen zu schützen. Ganz neu ist dieses Instrument nicht. Bereits in den 1970ern wurden von der EG Gemeinschaftsanleihen emittiert, um die Konsequenzen der Ölkrise zu bekämpfen. Corona-Bonds sind als Notfallfonds zur Krisenbewältigung – also zeitlich beschränkt – ein deutliches Signal der europäischen Solidarität. In der Krise braucht es auch auf den Finanzmärkten dieses klare Zeichen, dass Europa in der Krise zusammensteht.

Beste Grüße und bleib gesund!
Eike

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Moin Eike,

vielen lieben Dank für deine Mail.

Ehrlicher Weise kann ich mich da nur wiederholen: Ich glaube nicht, dass man solche Bonds jetzt unbedingt auflegen muss.

Wir haben den ESM und zumindest der hat in Vergangenheit funktioniert. Jetzt ein komplett neues Instrument zu schaffen – mit ungewissem Ausgang – halte ich für den falschen Weg.

Zudem glaube ich, dass ein gemeinsames europäisches Vorgehen durch die EU-Kommissionspräsidentin moderiert werden muss – bis dato kann ich aber noch keinen
nennenswerten Lösungsansatz bei Frau von der Leyen erkennen.

Fröhlicher Gruß

Dein

Johannes