Frage an Johannes Kahrs bezüglich Wirtschaft

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Frage von Enrico R. •

Frage an Johannes Kahrs von Enrico R. bezüglich Wirtschaft

Sehr geehrter Herr Kahrs,

zum ersten Mal in ihrer Geschichte weist die Internationale Energieagentur (IEA) darauf hin, dass das Ölangebot weltweit seinem Ende entgegen geht. Ölforscher wie Colin Campbell mahnen schon, dass die bald zu erwartende Energiekrise (besonders Öl & Gas) unseren Wohlstand akut bedroht und zu großen gesellschaftlichen Umbrüchen führen wird. Auch Frau Claudia Kemfert vom DIW sieht die Energiekrise schon im Anmarsch. In dem mehrfach ausgezeichneten Dokumentarfilm „The Oil Crash“ wird von einigen ranghohen Vertretern aus Politik, Industrie und Wissenschaft vor den nahenden Gefahren infolge knapper und teurer Energie deutlich gewarnt. Es klingt alles glaubhaft aber irgendwie ist es trotzdem schwer vorstellbar wie z.B. eine Welt ohne Erdöl und Erdgas aussehen könnte und vor allem, dass auch gar nichts diesen „Stoff“ ersetzen könne. Die Zeit, die wir haben um einen „sanften“ Übergang zu 100% Erneuerbare Energien zu bewirken sei bereits verstrichen. Ich teile die Meinung dieser Personen.

Was mir wichtig ist, sind folgende Punkte:

1. Dass das Energiethema trotz Finanzkrise lebhaft in der Politik diskutiert wird.
2. Das auch ich bereit bin, dafür harte Einschnitte zu akzeptieren z.B.
- eine weitere und höhere Besteuerung von fossilen Energieträgern
- höhere Besteuerung von tierischen Lebensmitteln
- Abschaffung der Pendlerpauschale
- Pflichten zur Energieeinsparung in allen Bereichen
- 100% Erneuerbare Energien, etc.

Meine Fragen:

Wie deuten Sie dieses Energie - Problem?
Wie würden Sie dieses Problem lösen und wie viel Zeit (in Bezug auf dem Ende billiger fossiler Energie) haben wir noch ihrer Meinung nach?

Mit freundlichen Grüßen
Enrico Rosenkranz

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SPD

Sehr geehrter Herr Rosenkranz,

vielen Dank für Ihre Frage.

Sie sprechen eines der wahrscheinlich wichtigsten Wirtschaftsthemen der kommenden Jahrzehnte an. Der Höchststand der Ölförderung zu billigen Preisen („peak oil“) ist vielleicht bereits überschritten, oder wird bald erreicht werden. Das bedeutet, dass es zwar weiterhin Öl geben wird, aber die Preise nicht wie in den letzten Jahren schwanken, sondern nur noch steigen werden.

Erstens sind die Mengen der Ölreserven der OPEC-Länder gut gehütete Staatsgeheimnisse über die uns nur Schätzungen zur Verfügung stehen. Zweitens ist es sehr schwierig, den weltweiten zukünftigen Ölverbrauch vorherzusagen. Drittens gibt es noch bislang weitgehend ungenutztes Ölpotenzial, welches auszuschöpfen zurzeit wenig lukrativ oder technisch nicht machbar ist.

Die Frage, wie viel Zeit wir noch haben, bis Öl unbezahlbar wird, kann ich Ihnen genauso wenig beantworten wie die entsprechenden Wissenschaftler. Im Moment reichen die Berechnungen von minimal 30 Jahre bis maximal 50 Jahre. Erdgas wird wohl noch ungefähr 20 Jahre länger zur Verfügung stehen.

Es gibt eigentlich nur zwei Wege zur Lösung der zukünftigen Probleme: 1. Der Energieverbrauch muss drastisch gesenkt werden. Da nicht zu erwarten ist, dass die Nachfrage nach Energie wesentlich sinkt, muss an der Energieeffizienz gearbeitet werden. 2. Andere Energieträger müssen Öl und Gas ersetzen. Mit der rot-grünen Koalition haben wir 2000 den Atomausstieg beschlossen, da Atomenergie aus verschiedenen Gründen abzulehnen ist. Es bleiben also die Erneuerbaren Energien. Am erfolgversprechendsten ist selbstverständlich eine Kombination von Energieeffizienz und der Förderung Erneuerbarer Energien. Diese Politik verfolgt die SPD seit dem Amtsantritt Gerhard Schröders und treibt sie auch in der Großen Koalition – oft gegen den Widerstand von CDU/CSU – voran.

Bis 2020 sollen mindestens zwanzig Prozent der Stromerzeugung aus Erneuerbaren Energien gewonnen werden. Der Ersatz von Glühbirnen durch Energiesparbirnen und die Subventionierung von Gebäudeisolationen zielen auf niedrigeren Energieverbrauch und höhere Energieeffizienz.

Ihre Sorge, dass Energiethemen aufgrund der Finanzkrise zu kurz kommen, ist unbegründet. Denn die Potenziale, die in den Erneuerbaren Energien stecken, sind längst auch als möglicher Wirtschaftsmotor erkannt worden. Umweltschutz und nachhaltige Energiepolitik sind eben kein Wirtschaftshemmnis, sondern führen zu großen Fortschritten in den entsprechenden Branchen. Schon heute arbeiten in Deutschland 170.000 Menschen im Bereich der Erneuerbaren Energien. Außerdem umfasst das Konjunkturpaket II u.a. ein von der SPD erarbeitetes Förderungsprogramm für die Weiterentwicklung innovativer Antriebstechniken für Autos, wie z.B. dem Hybrid- und Elektromotor.

Ziel der SPD ist es aber, Energie nicht zu einem Luxusgut werden zu lassen, das sich nur noch wohlhabende Menschen leisten können, sondern Alternativen aufzuzeigen, die sich alle leisten können und die zugleich umweltschonend sind.

Mit freundlichem Gruß,

Johannes Kahrs