Was antworten Sie auf folgendes Statement? Afghanistan ist ein weiteres Beispiel für die zerstörerische Politik des Machtstrebens, auch des deutschen Machtstrebens.

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Frage von Michael K. •

Was antworten Sie auf folgendes Statement? Afghanistan ist ein weiteres Beispiel für die zerstörerische Politik des Machtstrebens, auch des deutschen Machtstrebens.

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Sehr geehrter Herr K.,

Die Behauptung, zu der Sie mich um einen Kommentar bitten, impliziert die vorherige Existenz einer Politik des Strebens nach Macht, die in der internationalen Intervention in Afghanistan an keiner Stelle zu finden ist. Und schon gar nicht an der Beteiligung der Bundesrepublik Deutschland an dieser Intervention.

Die internationale Intervention in Afghanistan (2001 - 2021), die von den Vereinigten Staaten angeführt wurde und in diesem Zeitraum von mehr als 40 Staaten unterstützt wurde war eine Reaktion auf den Terroranschlag der islamistischen Organisation Al-Qaida in New York am 11. September 2001 - den Anschlag auf die Zwillingstürme - bei dem mehr als 3.000 Opfer zu beklagen waren. Al-Qaida operierte von Afghanistan aus mit dem Wissen und der Unterstützung der damaligen Taliban-Regierung, die von internationalen Streitkräften entmachtet wurde.

Nachdem die anfänglichen Ziele erreicht waren, bildete eine Koalition aus über 40 Ländern (darunter alle NATO-Mitglieder) eine Sicherheitsmission im Land mit der Bezeichnung International Security Assistance Force (ISAF, die 2014 von der Resolute Support Mission (RS) abgelöst wurde), von der einige Mitglieder an militärischen Kämpfen auf Seiten der afghanischen Regierung beteiligt waren. Unmittelbar nach dem Angriff auf die Zwillingstürme unterstützen die Vereinigten Staaten die so genannte afghanische "Nordallianz" bei ihrem raschen Vorgehen gegen die von den Taliban kontrollierte Regierung in Kabul, eine Phase, die mit dem Fall von Kabul an die Anti-Taliban-Koalition im Dezember 2001 endet. Danach wird eine afghanische Übergangsregierung in der Stadt eingesetzt.

Es handelte sich im Wesentlichen um eine Intervention der NATO-Staaten mit nicht unerheblicher Unterstützung durch andere Staaten. Zu den wichtigsten Teilnehmer gehörten Italien, Australien, Frankreich, Georgien, Polen, Rumänien, Spanien, die Türkei und natürlich Deutschland. Die Schaffung dieser internationalen Truppe wurde vom UN-Sicherheitsrat am 22.01.2001 anerkannt (Resolution 1386 des Sicherheitsrates, http://unscr.com/en/resolutions/1386 ). Auch afghanische oppositionelle aus dem Exil, stimmten dieser Militäraktion zu (Konferenz in Königswinter, November-Dezember 2001).

Im Januar 2015 wurde die NATO-geführte Mission „Resolute Support“ eingeführt, die die ISAF ablöst und die afghanischen Streit- und Sicherheitskräfte ausbilden soll.

Wie Sie sehen, ist in dieser stark vereinfachten Chronik der internationalen Intervention in Afghanistan kein Platz für eine Politik der bewussten Machtausweitung, geschweige denn für eine solche Politik, die von der Bundesrepublik Deutschland im Alleingang hinter dem Rücken ihrer Verbündeten und der internationalen Gemeinschaft betrieben wird.

Die Ereignisse der letzten Wochen haben „Resolute Support“ und die gesamte internationale Anwesenheit in Afghanistan ein jähes Ende bereitet. Eine Analyse dieser Ereignisse würde jedoch den Rahmen Ihrer Frage sprengen.

Mit freundlichen Grüßen

J. Bach