Frage an Katarina Barley bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

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Katarina Barley
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Frage von Heinz-Peter B. •

Frage an Katarina Barley von Heinz-Peter B. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Guten Tag Frau Barley,

der Journalist Oliver Schröm (Chefredakteur Correctiv) deckte mit seinen Recherchen zu den unsäglichen Cum-Ex- Betrügereien ein riesigen Skandal auf.

Erklären Sie mir doch bitte, wieso Sie es als Bundesjustizministerin zulassen, dass Herr Schröm nun wie ein Krimineller von der Hamburger Staatsanwaltschaft verfolgt wird.

Ist es nicht Ihre Aufgabe, gerade in der jetzigen Zeit, sich gegen die weltweit wachsende brutale Unterdrückung der Pressefreiheit zu stemmen? Sie wollen doch nicht ernsthaft mit der Türkei, Ungarn, Polen, China, Russland und vielen anderer negativ handelnden Staaten gleichziehen?

Etwas läuft gerade auch betreffs Herrn Schröm ganz derbe schief. Nämlich, dass nicht die Kriminellen und Ganoven von staatlicher Seite aus verfolgt werden, weil sie sich stetig wachsend durch Betrug und Diebstahl am allgemeinen Volksvermögen bereichern. Stattdessen werden weltweit, und offensichtlich auch in unserem Land immer häufiger, die Menschen verfolgt, die sich gegen Korruption und Intransparenz und den daraus resultierenden Verbrechen stemmen.
Vielleicht schlagen Sie der Hamburger Staatsanwaltschaft doch mal vor, genauer zu recherchieren, warum der jetzige Bundesfinanzminister Scholz in seiner Zeit als Erster Bürgermeister Hamburgs dortige sehr dubiose Finanzgeschäfte auf Kosten der Steuerzahler zuließ. Oder warum Großkonzerne wie Google, Facebook oder Amazon in unserem Land keine Ertragssteuern zahlen müssen?

Frau Barley, stimmen Sie mir zu, dass es die vornehmliche Aufgabe unserer Justiz sein muss, Rechte und Freiheiten des Einzelnen mit und in der Gemeinheit zu schützen? Dass es nicht die Aufgabe von Behörden und Justiz sein darf, die Gier von wenig asozial handelnden Gierigen über das allgemeine Recht hinaus zu schützen?

Ich danke fürs Lesen. Eine Antwort wäre schön. Noch wichtiger sind natürlich Taten zum Schutz von Journalisten und deren Informanten. Jetzt!

H. B.

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Sehr geehrter Herr B.,

vielen Dank für Ihre Nachricht und Ihre Frage zum Ermittlungsverfahren gegen Oliver Schröm.

Zu einzelnen laufenden Ermittlungsverfahren nehme ich keine Stellung. Bei Fragen zu dem genannten Ermittlungsverfahren möchte ich Sie daher bitten, sich an die Pressestelle der Staatsanwaltschaft Hamburg zu wenden.

Unabhängig von dem von Ihnen angesprochenen konkreten Einzelfall möchte ich jedoch betonen, dass Journalisten und Hinweisgeber einen wichtigen Beitrag zur Aufdeckung von Missständen und Straftaten wie Steuerhinterziehung und Geldwäsche leisten. Zahlreiche Beispiele wie die "Panama Papers" oder die "Paradise Papers" haben dies in der Vergangenheit gezeigt. Für mich ist es daher ein wichtiges Anliegen, den Schutz von Journalisten und Hinweisgebern weiter zu stärken.

Dafür gibt es nun einen Regierungsentwurf zum Geschäftsgeheimnisgesetz (GeschGehG), der sich gegenwärtig im parlamentarischen Verfahren befindet. Er beinhaltet einen stärkeren Schutz und höhere Rechtssicherheit für Journalisten und Hinweisgeber. Diese günstigere Rechtslage für Journalisten und Hinweisgeber würde ab dem Inkrafttreten des Gesetzes auch auf solche Strafverfahren Anwendung finden, die zu diesem Zeitpunkt noch nicht abgeschlossen sind (§ 2 Absatz 3 des Strafgesetzbuchs).

Mit dem GeschGehG setzen wir eine europäische Richtlinie um (EU 2016/943), die in ganz Europa einen einheitlichen Mindestschutz für Geschäftsgeheimnisse gewährleistet. Einerseits profitieren davon Unternehmen, die mit Ideen und Innovationen wirtschaftliche Werte schaffen. Im Vergleich zur bisherigen Rechtslage in Deutschland gelten dabei teilweise sogar strengere Anforderungen an das Vorliegen eines Geschäftsgeheimnisses. So müssen Unternehmen zum Beispiel angemessene Geheimhaltungsmaßnahmen treffen, um von dem Schutz durch das Gesetz profitieren zu können.

Andererseits wurde die Regelung auch zum Anlass genommen, den investigativen Journalismus im Bereich der Geschäftsgeheimnisse deutlich zu stärken. Journalistinnen und Journalisten, die Missstände an die Öffentlichkeit bringen, gewinnen dadurch größere Rechtssicherheit. Der Gesetzesentwurf zum neuen GeschGehG enthält eine ausdrückliche Regelung, die die Erlangung, Nutzung und Offenlegung von Geschäftsgeheimnissen im Rahmen der journalistischen Tätigkeit für rechtmäßig erklärt (§ 5 Nummer 1 des Gesetzentwurfs). Im bisherigen Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) gab es eine solche Regelung nicht.

Ich habe deshalb keine Sorge um den freien Journalismus und hoffe, dass ich auch Ihre Bedenken ausräumen konnte.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Katarina Barley, MdB

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