Können die geplanten Waffenlieferungen in das Krisengebiet Ukraine zu einer Eskalation des Krieges führen?

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Katja Keul
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Frage von Reinhard G. •

Können die geplanten Waffenlieferungen in das Krisengebiet Ukraine zu einer Eskalation des Krieges führen?

Sehr geehrte Frau Keul,

die Bundesregierung und die EU haben umfangreiche Waffenlieferungen in das Krisengebiet Ukraine beschlossen. Kann dass dazu führen, das die Kämpfe in der Ukraine schon jetzt viel härter werden? Und viel mehr Schäden und Opfer zu beklagen sind? Besteht das Risiko, dass sich gerade dadurch der Konflikt massiv ausweitet? Funktioniert das Prinzip einer Abschreckung mit immer mehr Waffen noch? Sollte nicht der Fokus jetzt viel mehr auf Verhandlungen gesetzt werden? Könnte Putin, der offensichtlich denkt, dass sich die Ukraine leicht atomar bewaffnen könne, ein Vertrag angeboten werden, der dem Atomvertrag mit den Iran gleicht?

Wie sind die Parlamente bei der Entscheidung über Waffenlieferungen beteiligt?

Mit freundlichen Grüßen

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr G.,

ich glaube nicht, dass wir angesichts solcher Kriegsverbrechen neutral bleiben können.

Genauso wie Sie, hätten wir uns alle gewünscht, dass es diesen Krieg niemals gegeben hätte. Bis zur letzten Minute hat die Bundesregierung deshalb gemeinsam mit europäischen und transatlantischen Partnern versucht, mit allen verfügbaren diplomatischen Mitteln zu einer friedlichen Beilegung des Konflikts beizutragen.  Doch weder die intensiven Diskussionen mit Russland in den verschiedensten internationalen Gesprächsformaten noch direkte Gespräche mit Präsident Putin in Moskau konnten diesen zur Vernunft bringen. Der völkerrechtswidrige und rücksichtslose Angriffskrieg Putins gegen die Ukraine hat die Situation komplett verändert. Kriegstreiber ist niemand anderes als Präsident Putin. Um vereint für den Frieden einzutreten, können wir ihn nun nicht einfach gewähren lassen und den Bombardierungen ukrainischer Städte tatenlos zusehen. Deutschland und die EU wirken deshalb mit umfangreichen Sanktionen gegenüber Russland darauf hin, dass dieser völkerrechtswidrige Angriff mit gravierenden Konsequenzen für Russland verbunden ist. Daneben hat sich die Bundesregierung mit ihren Partnern dafür entschieden, die Ukraine auch militärisch zu unterstützen. Waffenlieferungen sind in dieser Lage durch das von der UN-Charta abgedeckte Recht auf Selbstverteidigung legitimiert. Das ist kein Meinungswechsel, sondern eine Konsequenz aus Putins völkerrechtswidrigen Angriffskrieg. Die Ukraine muss sich gegen den russischen Aggressor verteidigen können.

Klar ist aber auch: ein sofortiger Waffenstillstand ist das Gebot der Stunde. In diesem Sinne setzen wir uns nach wie vor für eine friedliche Lösung ein und rufen Russland dazu auf, diesen Krieg unverzüglich zu beenden.

Die Ukraine hat 1994 im Budapester Memorandum auf sämtliche Atomwaffen verzichtet, die auf ihrem Territorium stationiert waren. Die Ukraine ist stets ihren Verpflichtungen aus dem Nuklearen Nichtverbreitungsvertrag nachgekommen. Im Gegenzug verpflichtete sich Russland, die Souveränität des Landes und die Grenzen anzuerkennen. Schon mit der Annexion der Krim hat Russland diese Zusage verletzt. Mit dem Angriffskrieg verletzt Russland eklatant die Souveränität der Ukraine.

Die Entscheidung über Waffenlieferungen, die zur Kriegsführung bestimmt sind, liegt laut Grundgesetz in Deutschland bei der Exekutive. Die Parlamente erteilen selbst keine Genehmigungen, sondern verabschieden Gesetze, in denen die Voraussetzungen und Kriterien festgelegt sind. Genau das haben wir mit dem geplanten Rüstungsexportkontrollgesetz vor. Nichtsdestotrotz steht es dem Parlament, aber auch der Öffentlichkeit zu, Debatten über das Für und Wider von Waffenlieferungen zu führen, so wie es das Parlament der Bundestag auch schon in der Vergangenheit oft getan hat. Als Parlamentarierin habe ich mich selbst die letzten Jahre immer wieder daran beteiligt.  Auch die Bundesregierung begrüßt die kritische Auseinandersetzung mit diesem wichtigen Thema.

Mit freundlichen Grüßen
Katja Keul

 

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