Warum gibt es keine Bestrebungen, das Steuermodell zu vereinfachen?

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Frage von Sascha H. •

Warum gibt es keine Bestrebungen, das Steuermodell zu vereinfachen?

Wenn man zum Beispiel eine Pauschale Steuer für alles hätte (Beispiel: Ich gebe meinem Nachbar 10€, drei davon dem Staat), wäre doch alles viel einfacher bezahlbar. Ich muss meinem Steuerberater nicht das Auto finanzieren. Steuern zahlen wäre wieder attraktiv. Durch eine derartige Vereinfachung könnte man auch positives Marketing machen, warum alle ihre Steuern zahlen sollten. Stellenabbau in Finanzämtern und nicht mehr dieses stundenlange Kopfzerbrechen.

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Sehr geehrter Herr H.,

vielen Dank für Ihre Frage, auf die ich gerne näher eingehe. Wie der Name schon sagt, sind Steuern das zentrale Instrument des Staates, um Vermögen in einer Gesellschaft zu steuern. Ein gerechtes und transparentes Steuersystem ist ein Kernanliegen von mir und meiner Partei.

Der Ansatz eines pauschalen Steuersatzes klingt zunächst einfach und transparent. Jedoch ist er nicht gerecht. Ein pauschaler Steuersatz von beispielsweise 20 Prozent würde bei einem Einkommen von 2.000 Euro 400 Euro Steuern bedeuten. Bei einem Einkommen von 10.000 Euro entsprechen 20 Prozent in diesem Beispiel 2.000 Euro Steuern. Im ersten Fall bleiben dem Steuerzahler netto 1.600 Euro; im zweiten Fall 8.000 Euro. Das macht einen großen Unterschied.

Progressive Steuersätze sorgen dafür, dass Personen mit höherem Einkommen einen größeren Prozentsatz ihres Einkommens als Steuern zahlen. Dies trägt zur sozialen Gerechtigkeit bei, denn es verlagert die Beiträge zur Gesellschaft stärker auf diejenigen, die mehr zahlen können, und entlastet die weniger Wohlhabenden.

Im SPD-Wahlprogramm zur Bundestagswahl 2021 haben wir uns für eine Einkommensteuerreform ausgesprochen, die kleine und mittlere Einkommen besserstellt und damit die Kaufkraft stärkt. Im Gegenzug sollen die oberen fünf Prozent stärker für die Finanzierung der wichtigen öffentlichen Aufgaben herangezogen werden.

Als weiteres Argument gegen eine pauschale Besteuerung kann der Staat durch unterschiedliche Steuersätze Anreize für bestimmtes Verhalten setzen, die aus seiner Sicht der Gesellschaft zugutekommen. In Deutschland fallen darunter beispielsweise der Kinderfreibetrag für Familien, Steuerfreibeträge für Existenzgründer oder Steuerabzüge für Investitionen in energieeffiziente Gebäude und Anlagen.

Unterschiedliche Steuerklassen erlauben es darüber hinaus, Lebenssituationen zu berücksichtigen. Als Beispiel lassen sich hier der Familienstand, die Anzahl der Kinder oder die Pflege von Angehörigen nennen.

Übrigens habe ich mich auch schon öffentlich für eine gerechte Vermögenssteuer ausgesprochen. Die Vermögensverteilung in Deutschland ist ungerecht. Uns fehlen Mittel für Investitionen und wir können uns Superreiche, die keinen fairen Anteil beisteuern, nicht leisten.

Bereits 2019 hat die SPD die Vermögenssteuer für Millionäre per Parteitagsbeschluss mit großer Mehrheit gefordert und diese Forderung 2023 erneuert. Auch in unser Wahlprogramm zur Bundestagswahl 2021 hatten wir diese Forderung aufgenommen.

Leider sieht unser derzeitiger Finanzminister den Entlastungsbedarf vor allem bei Reichen. Das ist aus sozialdemokratischer Sicht und angesichts des bestehendes öffentlichen Investitionsstaus und einer wachsenden Schere zwischen Arm und Reich genau der falsche Weg für gesellschaftlichen Zusammenhalt und dringend benötigte Modernisierung.

Freundliche Grüße

Kevin Leiser

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