Frage an Konstantin von Notz von Heide J. bezüglich Umwelt
Sehr geehrter Herr Dr. von Notz!
Die" Grünen" gelten als DIE Ökopartei, und Sie scheinen mir wahrlich interessiert und engagiert. Doch wie kann es dann sein, dass sich auch die Grünen völlig einseitig für die Förderung von E-Autos einsetzen. Wo man doch unterdessen weiß, dass die Herstellung der notwendigen Batterien die Umwelt im selben Maße belastet, wie ein herkömmliches Auto in seiner angenommen Lebenszeit bei einer durchschnittlichen jährlichen Kilometerleistung?
Wie Report München in seiner Sendung am 13. 11.2018 berichtete
https://www.br.de/fernsehen/das-erste/sendungen/report-muenchen/alternative-biomethan-104.html
gibt es längst die Alternative Biomethan als Antriebskraftstoff - mit einer wesentlich besseren Öko- und Energiebilanz, mit über 90 Prozent C02 Reduzierung.
Augsburg hat seit 2011 85 Busse mit diesem Kraftstoff in Betrieb und beste Erfahrungen damit. In der Anschaffung sind sie fast 50 Prozent billiger als E-Busse, das Auftanken dauert maximal 7 Minuten und auch im Fahrbetrieb sind sie wirtschaftlicher.
"Der Vorteil ist, wir haben billige Technologie, billige Verbrennungsmotorentechnologie, die durch die Abgasnachbehandlung hochsauber ist, was die lokalen Emissionen anbelangt und durch den Einsatz von Biogas eben nahezu Klimaneutralität erreicht, eben mit über 90 Prozent CO2 Reduzierung", sagt Prof. Ralph Pütz, Experte für Motorentechnik an der Hochschule Landshut.
Es kann ja kaum sein, dass Sie als Umwelt-Partei darum nicht wissen. Noch will ich nicht glauben, dass auch die Grünen mit ihrem "Herzensthema Umwelt" mehr auf Lobbyisten hören und sich ihnen verpflichtet fühlen als auf Fachleute (wie offensichtlich Regierung und Kanzlerin, die wohl deswegen keine Hardware-Nachrüstung bei den Diesel-Autos zu fordern wagen).
Ich wäre froh, wenn Sie diesen bösen Verdacht ausräumen können und mich über Ihre wahre Motivation bei der Vernachlässigung oder auch Nichtbeachtung der CNG-Autos aufklären würden.
Mit freundlichem Gruß
H. J.
Sehr geehrte Frau J.,
haben Sie besten Dank für Ihre Frage und Ihr Interesse an meiner Arbeit, über beides habe ich mich sehr gefreut. Wie Sie wissen, bin ich thematisch eher in der Innen-, Rechts- und Digitalpolitik zuständig, habe mich aber sehr gerne noch einmal bei den Fachleuten meiner Fraktion nach unserer genauen Position erkundigt.
Die Zukunft fährt grün. Das Auto des 21. Jahrhunderts fährt mit erneuerbarer Energie, leise und frei von Schadstoffen - unabhängig von Öl und unsicheren Kraftstoffpreisen. Es tankt grüne Energie und kann sie als Teil des Energiesystems bei Bedarf wieder abgeben. Klassische Verbrennungsmotoren werden zum Auslaufmodell. Das Auto von morgen ist ein intelligenter Energiespeicher auf Rädern.
Als Autoland, das vom weltweiten Export seiner Produkte lebt, hat Deutschland für den Klimaschutz eine besondere Verantwortung. Der Verkehrssektor verantwortet rd. 20 % der Treibhausgasemissionen und zählt damit zu den Hauptverursachern von Treibhausgasen in Deutschland. Rund 60 % davon verursacht allein der Autoverkehr.
Deutschland hat in den vergangenen 25 Jahren den Ausstoß von Treibhausgasen im Verkehr um lediglich wenige Prozentpunkte gesenkt. Zu wenig, um den Herausforderungen des Klimaschutzes tatsächlich gerecht zu werden. Andere Sektoren haben bereits deutlich mehr reduziert. Klima- und Ressourcenschutz ist das zentrale Handlungsfeld für eine zukunftsfähige Automobilwirtschaft.
Klimakrise und Abgasskandal machen es deutlich: Beim Auto müssen wir dringend umsteuern und mit der Verkehrswende raus aus dem fossilen Verbrennungsmotor. Wie uns das gelingen kann, zeigen wir in der Grünen Clean Car Roadmap (PDF).
Uns ist uns durchaus bewusst, dass die Ökobilanz von Elektroautos bislang alles andere als unproblematisch ist, auch wenn ihre Klimabilanz noch deutlich besser als jene von herkömmlichen Autos mit Verbrennungsmotor ist. Unser Ziel ist den Absatz von Elektroautos durch einen Kaufzuschuss zu fördern, allerdings nicht, wie die Bundesregierung dies plant, mit Mitteln aus dem Bundeshaushalt, sondern durch eine ökologische Umstellung der Kfz-Steuer und damit aufkommensneutral. Mit einem solchen Bonus-Malus-System sollen die Umstellung auf Elektroautos und der Aufbau der dringend notwendigen Ladeinfrastruktur in Bewegung gebracht werden.
Doch auch Biokraftstoffe werden nicht die alleine Antwort auf den erneuerbaren Energiebedarf geben können. Es ist nicht nachhaltig, Biokraftstoffe großflächig einzusetzen. Denn ob aus heimischer oder importierter Biomasse, die indirekten Effekte der Landnutzung sind groß. Ohne bestehende Risiken der Biokraftstoffe aus Anbaubiomasse weiter zu erforschen und zu minimieren, kommen sie als Option für den Klimaschutz im Verkehrssektor nur bedingt infrage. Erdgas ist ein wichtiger Übergangskraftstoff, dessen Einsatz auch für die Luftqualität in Innenstädten von Vorteil ist. Die deutlich bessere Klimabilanz von Erdgas und Biomethan sollte sich in der Besteuerung widerspiegeln.
Wir wollen mobil bleiben, ohne die Klimakrise zu verschärfen. Das zentrale Zukunftsmodell für den Straßenverkehr ist die Elektromobilität auf Basis von Batterieund Brennstoffzellentechnologien. Elektroautos, Elektrobusse, E-Roller und Nutzfahrzeuge mit elektrischen Antrieben sowie Elektrofahrräder sind Vehikel einer Verkehrspolitik, die Antworten gibt auf Fragen des Klimaschutzes, der Endlichkeit des Rohstoffs Öl, der Luftreinhaltung und der Verbesserung der Lebensqualität in Innenstädten. Mit dem weiteren Ausbau der Stromerzeugung aus Wind und Sonne steht ausreichend günstiger grüner Strom für die Elektromobilität zur Verfügung.
Elektromobilität erfordert einen neuen Umgang mit Rohstoffen. Heute werden 20 Prozent des Ressourcenverbrauchs einen Autos allein bei seiner Produktion verbraucht. Die Gewinnung von Lithium, Kupfer, Platin, Neodym und anderen Seltenen Erden für die Batterieproduktion ist häufig mit starken Umweltbelastungen verbunden. Sie findet in Regionen statt, in denen nur geringe Umweltauflagen und Arbeitsschutzstandards beachtet werden. Europa sollte führend sein bei Materialeffizienz und Recycling, rohstoffeffizienter Produktgestaltung und Nachhaltigkeitsstandards. Hierauf muss auch die gesamte Produktion von Automobilen ausgerichtet sein. Wer Elektromobilität will, muss sie fördern.
Sinn macht die Förderung von Elektroautos jedoch nur, wenn gleichzeitig die Subventionen für Diesel-Pkw abgebaut und den Ausbau erneuerbarer Energien fortgesetzt wird. Nur mit grünem Strom haben E-Autos einen ökologischen Vorteil. Vor allem aber gilt: Die deutlich höheren Emissionen bei der Produktion von Elektroautos, auf die auch Sie zu Recht verweise, lassen sich nur ausgleichen, wenn Elektroautos eine hohe Fahrleistung erreichen. Deswegen ist es sinnvoll, E-Autos etwa als Taxis, Lieferwagen und Carsharing-Fahrzeuge einzusetzen. Entscheidend für die Öko-Bilanz ist aber nicht zuletzt auch ein Recyclingsystem für Batterien. Gleichzeitig setzen wir uns auch weiterhin dafür ein, dass auch andere Antriebe europaweit weiter erforscht und zum Einsatz kommen.
In unserem aktuellen Wahlprogramm zur Europawahl 2019 heißt es beispielsweise:
„Außerdem wollen wir die Batteriezellenproduktion sowie die Produktion von Wasserstoffautos europäisch unterstützen, um beim sauberen Auto Wertschöpfung und Arbeitsplätze in Europa zu schaffen. Die Förderung der Zellproduktion knüpfen wir an die regionale Verfügbarkeit von erneuerbarem Strom und sparsamen Umgang mit seltenen Metallen, damit das E-Auto eine wirklich ökologische Alternative wird.“
Mit besten Grüßen nach Hamburg
Konstantin v. Notz