Frage an Lisa Badum bezüglich Umwelt

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Lisa Badum
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Jens L. •

Frage an Lisa Badum von Jens L. bezüglich Umwelt

Hallo Lisa, wir haben uns im August schon mal gesehen zum Wahlkampfauftakt in Würzburg. Ich war in dem Gesprächskreis mit Patrick Friedl genau gegenüber gesessen. Klimaschutz ist verdammt wichtig. Jetzt meine Frage. Warum nutzt Deutschland den Dieselskandal nicht, um das gesteckte Ziel der 1 Mio. E,-Autos zu erreichen. E-Auto im Tausch zu einem Diesel. Die Autokonzerne müssen mit den ausstehenden Gerichtsprozessen mehr zahlen. Dreimal gewonnen, Autofahrer, Konzerne und vor allem die Umwelt.

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Hallo Jens,

super, dass du in Würzburg dabei warst, das war für mich eine sehr motivierende Veranstaltung!
Danke für deine Frage: Du hast Recht, Klimaschutz ist verdammt wichtig – und gerade der Verkehrssektor muss endlich liefern. Insbesondere vor dem Hintergrund des soeben erschienenen IPCC-Berichts des Weltklimarats, laut dem noch Hoffnung besteht, das 1,5°-Ziel zu erreichen.
Insofern ist natürlich auch deine Frage spannend: Wieso nicht den Dieselskandal zugunsten des Klimas nutzen und Dieselautos 1:1 gegen Elektroautos tauschen?

Die Idee erscheint auf den ersten Blick reizvoll, für mich bedeutet eine nachhaltige Verkehrswende allerdings kein Fahrzeugroulette. Dem Klima ist nicht geholfen, wenn eine Million Diesel-Autos gegen die gleiche Anzahl an Elektroautos eingetauscht würden. Wir stehen dann vor dem Problem, was mit den aussortierten, fahrtüchtigen Diesel-Autos geschehen soll. Dass sie auf der Schrottpresse landen oder in anderen Ländern schmutzig weiterfahren, ist keine klimapolitische Lösung. Vielmehr müssen sie nachgerüstet werden und so sauber es geht weiter fahren. Ansetzen müssen wir bei den Neuzulassungen: Hier fordern wir Grünen, ab 2030 nur noch emissionsarme- bzw. emissionsfreie Fahrzeuge zuzulassen.

Aber in Deutschland sind nicht nur die 15,2 Mio. Diesel-Autos ein Problem für das Klima und die Gesundheit der Menschen, sondern alle Autos mit fossilen Verbrennungsmotoren. Dazu zählen auch die 30,4 Mio. Benziner. Würden wir allen PKW-BesitzerInnen in Deutschland ein E-Auto zum Tausch anbieten, bräuchten wir also 45,6 Mio. davon. Zum Vergleich: laut der Internationalen Energie-Agentur gibt es weltweit erst 3,2 Mio. E-Autos. Und davon die meisten in China, auf deutschen Straßen rollen bisher erst knapp 93.000 – obwohl die Bundesregierung mal eine Million E-Autos bis 2020 angestrebt hat.

Abgesehen von der technischen Machbarkeit, sind 45,6 Mio. E-Autos gar nicht unser Ziel. Denn viele Probleme des Autoverkehrs kann auch der Umstieg auf E-Autos nicht lösen. Der Flächenverbrauch eines Autos bleibt auch bei einem elektrischen Antrieb bestehen und auch in E-Autos besteht die Gefahr, dass nur der Platz hinter dem Steuer besetzt ist, während vier Plätze leer durch die Gegend rollen. Stau ist damit vorprogrammiert, große asphaltierte Flächen für Straßen werden weiterhin nötig sein und der Reifenabrieb gelangt meist ungefiltert in die Umwelt – laut Fraunhofer Institut 1,5kg pro Auto und Jahr. Und die Straßen sind für alle nicht-motorisierten VerkehrsteilnehmerInnen desto sicherer, je weniger VerkehrsteilnehmerInnen mit Stahlpanzer unterwegs sind.

Wir müssen uns vielmehr fragen: Braucht wirklich jedeR zweite Deutsche ein eigenes Auto? Wir Grünen setzen uns dafür ein, dass insgesamt die Zahl der Autos auf den Straßen reduziert wird. Denn die verkehrsbedingten Treibhausgasausstöße gar nicht erst zu erzeugen, ist der beste Klimaschutz.

Unser Ziel ist also aus mehreren Gründen eine Mobilitätswende. Elektro-Autos - als Ersatz für Diesel und Benziner - sind dabei nur ein Aspekt in der Mobilität von morgen. Was wir vor allem in der klimaneutralen Verkehrswelt der Zukunft brauchen, sind ein großflächig ausgebauter, günstiger und dicht getakteter Nahverkehr, sichere Fahrradwege, gut ausgebaute Fußwege, smarte Konzepte für PendlerInnen, die Verlagerung von LKW-Verkehr auf Güterzüge, durchdachte Carsharing-Konzepte, Fahrradabstellplätze und ein attraktiver sowie gut angebundener Fernverkehr. Denn die nachhaltige Mobilitätswende sieht so aus: vernetzt, komfortabel, klimafreundlich, bezahlbar und (möglichst) stressfrei.

Nichtsdestotrotz hast du natürlich vollkommen Recht, dass die Autokonzerne mit ihrer dreist manipulierten Software für die von ihnen verursachten Schäden aufkommen müssen. Schließlich haben sie zuvor jahrelang von Milliardengewinnen profitiert und das auf Kosten der Gesundheit vieler Menschen. In den USA wurde VW in der Tat auch zu milliardenschweren Strafzahlungen und Entschädigungen verpflichtet. Mit dem faulen Diesel-Kompromiss der Koalition hingegen sollen BesitzerInnen von betroffenen Diesel-Autos nun Rabatte und Prämien erhalten, wenn sie sich einfach ein neues Auto kaufen – das ist nicht nur unsozial, sondern auch ein offenes Bekenntnis für fehlende Klimaschutzambitionen.

Für uns Grüne steht fest, dass alle Fahrzeuge auf deutschen Straßen verpflichtet sind, die gesetzlichen Abgasnormen einzuhalten – und zwar nicht nur auf dem Papier oder mit Software-Nachrüstungen, sondern messbar in Form von sauberer Luft!
Hierfür müssen die Autohersteller konsequent für die Kosten aufkommen, gemäß dem Verursacherprinzip. Auf keinen Fall dürfen die zusätzlichen Kosten auf die betrogenen DieselbesitzerInnen abgewälzt werden – oder gar auf uns alle, die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler. Hierfür brauchen wir die konsequenten richterlich verhängte Sanktionen und eine Erhöhung von Bußgeldern – denn man sieht: der Bayrischen Staatsregierung sind die verhängten Strafzahlungen durch die Verwaltungsgerichte egal. In Kürze werde Verbraucherschutzzentralen gemeinsam mit dem ADAC eine Sammelklage gegen VW einreichen. Betroffene Diesel-BesitzerInnen können sich dieser Klage anschließen, leider müssen nach derzeitiger Rechtslage trotz des Zusammenschlusses alle Ansprüche einzeln vor Gericht eingebracht werden. Was fehlt, ist eine Möglichkeit, sich zu Gruppen zusammenzuschließen und gemeinsam die Ansprüche gerichtlich durchzusetzen. Diesen Vorschlag hatten wir bereits 2014 mit unserem Gesetzentwurf gemacht, um die VerbraucherInnen besser vor Konzernen schützen zu können. Städten und Kommunen muss außerdem die Einrichtung von Umweltzonen ermöglicht werden: Nur wenn wir die blaue Plakette einführen, können wir sicherstellen, dass die Abgasnorm Euro 6 tatsächlich eingehalten wird.

Deshalb: Der Austausch von Diesel-Autos gegen Elektro-Autos lässt viele Probleme ungelöst – besser, wir sorgen dafür, dass die Autokonzerne die Diesel-Autos nachrüsten und kümmern uns mit einer durchdachten und nachhaltigen Mobilitätswende um die klimafreundliche Mobilität von morgen.

Ich hoffe, dass ich dir deine Frage beantworten konnte und sende herzliche Grüße nach Franken aus Berlin,
Deine Lisa

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