Warum will die deutsche Regierung mit dem Mullah-Regime im Iran Geschäfte machen (JCPOA), während sie jeden Tag Menschen auf den Straßen umbringen? Ist das nicht Zusammenarbeit mit Mullas?

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Lisa Badum
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Samad S. •

Warum will die deutsche Regierung mit dem Mullah-Regime im Iran Geschäfte machen (JCPOA), während sie jeden Tag Menschen auf den Straßen umbringen? Ist das nicht Zusammenarbeit mit Mullas?

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Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr S.,

wir haben die sich rasch verändernde Lage im Iran fest im Blick und uns erfüllt die Situation mit großer Sorge. Der ungeheure Mut von Frauen, die sich der Sittenpolizei und Unterdrückung widersetzen, hat unsere volle Solidarität und Unterstützung. Die Gewalt gegen Demonstrierende, die Inhaftierungen und die furchtbaren Menschenrechtsverletzungen müssen umgehend gestoppt werden.

Der Bundestag hat mit führender Unterstützung der Grünen die Menschenrechtslage im Iran immer wieder deutlich kritisiert, so auch im aktuellen interfraktionellen Antrag vom 08.11.2022: https://dserver.bundestag.de/btd/20/043/2004329.pdf.

Dank des unermüdlichen Einsatzes der Außenministerin Annalena Baerbock und des Auswärtigen Amtes ist es uns gelungen, in Rekordzeit ein erstes EU-Sanktionspaket (17.10.2022) gegen das iranische Regime auf den Weg zu bringen. Hier werden die Verantwortlichen des Regimes persönlich ins Visier genommen. Weitere EU-Menschenrechtssanktionen sind in Vorbereitung, um den bereits erhöhten politischen und diplomatischen Druck auf das Regime in Teheran aufrecht zu erhalten, insbesondere durch die Verhandlungen über die Iran-Menschenrechts-Resolution im Dritten Ausschuss der VN-Generalversammlung und im VN-Menschenrechtsrat, wo sich die Bundesregierung für eine Sondersitzung zur Menschenrechtslage im Iran und für eine Verlängerung des Mandats des VN-Sonderberichterstatters zum Iran einsetzen soll.

Durch die geplanten Einreiseverbote und das Einfrieren von Vermögenswerten von Personen und Organisationen, die dem iranischen Repressionsapparat angehören, senden wir das eindeutige Signal nach Teheran: Die Anwendung brutaler Gewalt gegen friedliche Demonstrant*innen bleibt nicht ohne Konsequenzen. Ferner gilt es nun, auch in Deutschland befindliche Vermögenswerte von iranischen Verantwortlichen zu beschlagnahmen und auch andere Staaten für diese Maßnahmen zu gewinnen. 

In Deutschland lebende Iraner*innen müssen besseren Schutz erhalten. Deshalb drängen wir Grüne auf einen bundesweiten Abschiebestopp der Bundesländer in den Iran. Die demokratische Zivilgesellschaft aus dem Iran in Deutschland muss bei ihrer Arbeit unterstützt werden.

Mit dem Abschluss des JCPOA verband sich in Washington wie in Europa die Hoffnung und Erwartung, den Weg zur Atombombe für das Mullah-Regime zu verhindern und den Iran zu einem weniger aggressiven Faktor in der Region zu machen. Für diese Hoffnung war man bereit, über systematische Schwächen des Vertragswerkes (Mängel beim Kontrollregime, die Ausklammerung konventioneller Aufrüstung wie des iranischen Raketenprogrammes, 12-monatiger Breakout) hinwegzusehen.

Prinzipiell verhindert aus meiner Sicht ein unzureichendes Abkommen mit den Staatsterroristen in Teheran den Griff zur Atombombe nicht, sondern verzögert ihn höchstens. Doch diese Hoffnung sollte sich nicht erfüllen: Analysten stellten fest, dass der Iran der Entwicklung einer Atomwaffe heute näher ist als 2015. Angesichts der Tatsache, dass der Iran seine Anreicherungsaktivitäten unvermindert fortsetzt, sieht man, dass der Iran schon seit längerer Zeit nicht mehr vorhatte, die Verhandlungen zum JCPoA zum Erfolg zu führen.

Solidarität und klare Haltung sind jetzt das Gebot der Stunde.

Mit besten Grüßen

Lisa Badum

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