Frage an Mahmut Özdemir bezüglich Jugend

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Mahmut Özdemir
SPD
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Frage von Luis F. •

Frage an Mahmut Özdemir von Luis F. bezüglich Jugend

Sehr geehrter Herr Özdemir,

die derzeitige Steuer- und Sozialpolitik der SPD vermittelt mir den Eindruck, dass die Interessen junger Menschen zulasten älterer Wählergruppen missachtet werden, sodass kommende Generationen mit höheren Steuerlasten und einem steigenden Renteneintrittsalter bestraft werden. Inwiefern greifen Sie da ein und welche Bestrebungen bestehen Ihrerseits, um dem entgegenzuwirken?

Mit freundlichen Grüßen,
F.

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr Fischer,

vielen Dank für Ihre Mail zum Thema "Steuer-und Sozialpolitik" der SPD.

Wir haben in den Koalitionsverhandlungen zu Beginn diesen Jahres viel für die Bürger im Allgemeinen und die Arbeitnehmer im Speziellen erreicht:

So zahlen künftig Arbeitgeber und Arbeitnehmer wieder die gleichen Beträge in die Krankenversicherung. Den Zusatzbeitrag für die gesetzliche Krankenversicherung tragen bisher allein die Arbeitnehmer. Das sind im Durchschnitt 1,1 Prozent des Bruttoeinkommens. Dieser Zusatzbeitrag wird künftig wieder zur Hälfte von Arbeitgeberseite getragen. Für Arbeitnehmer bedeutet das eine Entlastung um gut 0,5 Prozent ihres Bruttoeinkommens, insgesamt rund sechs Milliarden Euro im Jahr.

Darüber hinaus haben wir die Senkung des Beitrags zur Arbeitslosenversicherung erwirkt. Die gute Situation auf dem Arbeitsmarkt lässt eine Senkung des Arbeitslosenversicherungsbeitrages zu, ohne dass die Reserven der Bundesagentur für Arbeit dabei angegriffen werden und die BA bei ihren Aufgaben geschwächt wird. Arbeitnehmer sowie Arbeitgeber profitieren je zur Hälfte von der Absenkung. Allein die Entlastung für Arbeitnehmer beträgt zwei Milliarden Euro im Jahr.

Den Solidaritätszuschlag für kleine und mittlere Einkommen werden wir abschaffen: Durch die Abschaffung des Solidaritätszuschlages für kleine und mittlere Einkommen entlasten wir zielgenau und erreichen, dass Topverdiener weiterhin ihren Beitrag zur Finanzierung des Gemeinwesens leisten. Topverdiener zahlen auch weiterhin den vollen Soli. Durch Einführung einer Gleitzone wird verhindert, dass der volle Soli bei Überschreiten der Freigrenze abrupt erhoben wird. Über die Erhöhungen von Kindergeld bzw. Kinderfreibeträgen haben Familien insgesamt 5,6 Milliarden Euro im Jahr mehr in der Tasche.

Und auch die gleiche Besteuerung von Arbeit und Kapital war uns ein wichtiges Anliegen. Die pauschale Abgeltungssteuer wurde dazu genutzt, Steuerflucht bei Kapitalerträgen zu verhindern. Durch den inzwischen funktionierenden internationalen Informationsaustausch der Finanzämter ist dieses Argument entfallen. Damit wird künftig wieder der persönliche Einkommensteuersatz herangezogen, um Zinserträge zu besteuern. Spitzeneinkommen durch Zinsen werden dadurch nicht länger gegenüber Einkommen aus Arbeit begünstigt.

Für junge Arbeitnehmer war ein Verhandlungserfolg besonders wichtig: die drastische Einschränkung von Befristungen ohne Sachgrund und Kettenbefristungen. Denn Arbeitgeber mit mehr als 75 Beschäftigten dürfen fortan nur noch maximal 2,5 Prozent ihrer Beschäftigten ohne Sachgrund befristen. Verstößt der Arbeitgeber gegen diese Regeln, werden aus den befristeten Arbeitsverhältnissen unbefristete Arbeitsverträge. In Zukunft wird eine sachgrundlose Befristung nur noch für einen Zeitraum von 18 statt von 24 Monaten möglich sein. Es ist innerhalb der 18 Monate nur noch eine Vertragsverlängerung möglich, bislang waren es drei.

Arbeitgeber dürfen überdies einen Beschäftigten insgesamt nicht mehr länger als fünf Jahre mit befristeten Arbeitsverträgen anstellen. In die fünf Jahre zählen sowohl Befristungen mit und ohne Sachgrund als auch eine vorherige Leiharbeit des Beschäftigten hinein. Die Möglichkeiten der befristeten Beschäftigung von Arbeitnehmer werden also für Arbeitgeber drastisch reduziert. Endlose Kettenverträge werden also abgeschafft.

Sehr geehrter Herr Fischer, wenngleich wir in der Vergangenheit auch gesetzgeberische Fehler gemacht haben, die uns Teile der Wählerschaft bis heute nachtragen, so kann ich dennoch fest überzeugt sagen: Uns liegen die Arbeitnehmer und die Bürger von nebenan nach wie vor stark am Herzen und wir setzen uns auch in dieser Wahlperiode weiterhin dafür ein, dass sie ein selbstbestimmtes und auskömmliches (Erwerbs)leben führen können.

Herzlichst

Ihr

Mahmut Özdemir

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