Warum gibt es in der BRD so wenige Gedenkstätten für Opfer islamistischer Anschläge? Wann wird der Islam und Koran, oft von Extremisten zur Rechtfertigung von Gewalt missbraucht, kritisch diskutiert?

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Mahmut Özdemir
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Frage von Siegfried S. •

Warum gibt es in der BRD so wenige Gedenkstätten für Opfer islamistischer Anschläge? Wann wird der Islam und Koran, oft von Extremisten zur Rechtfertigung von Gewalt missbraucht, kritisch diskutiert?

Während für die Opfer von rechtsextremem Terror zahlreiche Denkmäler errichtet wurden, scheint das Gedenken an die Opfer islamistischer Anschläge in der BRD weniger präsent. Ein Beispiel ist das Mahnmal am Breitscheidplatz, das zwar an die Opfer des Anschlags vom 19. Dezember 2016 erinnert, aber das islamistische Motiv nicht explizit erwähnt. (https://lmy.de/yeahv)

Wann wird eine Diskussion über den Islam in der BRD angestoßen, der, obwohl per se nicht gewalttätig und von der Religionsfreiheit geschützt, überproportional Attentäter hervorbringt? Neben extremistischen Anschlägen und Messerattacken wird auch über alltägliche Missbräuche wie die Drangsalierung von Mitschülern, die Unterdrückung von Frauen und Gewalt gegen Juden und queere Menschen oft zu wenig gesprochen. Eine kritische Auseinandersetzung ist dringend nötig. Der Messerangriff von Solingen zeigt, dass Attentäter oft vorher nicht auffällig waren.

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Sehr geehrter Herr S., 

vielen Dank für Ihre Nachricht. 

Das Gedenken an die Opfer islamistischer Anschläge ist ebenso Teil der deutschen Erinnerungskultur, wie das Gedenken der Opfer von rechtsextremistischen. Wie von Ihnen ausgeführt, wird ausdrücklich bei vielen Mahnmälern darauf verzichtet, den Hintergrund des Täters explizit zu nennen. Als Teil der Erinnerungskultur fokussieren sich die meisten Gedenkstätten auf die Opfer. Am Breitscheidplatz wurde sich für den „Goldenen Riss“ in Kombination mit einer Inschrift und dem Namen aller Opfer entschieden.

Die Bundesregierung hat darüber hinaus im Jahr 2022 einen Nationalen Gedenktages für die Opfer terroristischer Gewalt eingeführt, dessen jährliche Begehung am 11. März 2022 stattfindet. Der 11. März knüpft an den Europäischen Gedenktag für die Opfer des Terrorismus an, der nach den Bombenanschlägen in Madrid vom 11. März 2004 eingeführt wurde. Die Europäische Union gedenkt seit 2005 jährlich den Opfern terroristischer Gräueltaten weltweit. 

Unsere Verfassungsschutzbehörden sehen im Islamismus einen religiös-politischen Extremismus, der vom Islam zu unterscheiden ist. Muslime lehnen Terrorismus und seine Ziele ebenso ab, wie andere Teile unserer Bevölkerung. Viele Muslime sorgen sich daher, dass sie wegen ihrer Religion in Deutschland infolge des religiös verbrämten Terrorismus ausgegrenzt werden. In den letzten Jahren haben furchtbare terroristische Taten, wie das islamistische Attentat am Berliner Breitscheidplatz und die rechtsterroristischen Anschläge in Halle und Hanau unser Land erschüttert. Islamistische, rechtsextremistische und linksextremistische Anschläge haben in der Nachkriegsgeschichte großes Leid verursacht. 

Wir wollen, dass das Schicksal der Opfer und ihrer Angehörigen uns allen in Staat und Gesellschaft bewusster ist. Wir wollen, dass die Opfer nie vergessen werden. Wir denken auch an die Menschen, die verletzt und traumatisiert wurden. Die Anschläge haben das Leben vieler Menschen dramatisch verändert. Der Kampf gegen Extremismus und Terrorismus sowie gegen verfassungsfeindliche und gewaltbereite Bestrebungen ist eines der Hauptziele der Bundesregierung. Neben der Prävention, der Deradikalisierung und einer effektiven Gefahrenabwehr sowie der Bekämpfung von Extremismus und terroristischer Gewalt soll die Situation der Betroffenen weiter in den Fokus der Bundesregierung und das Bewusstsein der Gesellschaft gerückt werden. 

Aus diesem Grund hat die Bundesregierung am 8. März 2017 das Amt des Bundesopferbeauftragten geschaffen, um, Opfern und Hinterbliebenen von Terroranschlägen eine zentrale Anlaufstelle auf Bundesebene zu bieten. Mittlerweile wurde das Mandat des Bundesopferbeauftragten ausgeweitet und er steht auch Betroffenen von extremistischen Anschlägen als Ansprechpartner zur Seite. Ziel ist es, die Betroffenen zu unterstützen, wenn sie das wünschen und sie mit ihren Anliegen und Bedürfnissen nicht allein zu lassen. 

Mit freundlichen Grüßen

Mahmut Özdemir

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