Frage an Marie-Luise Dött bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

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Marie-Luise Dött
CDU
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Frage von Tom T. •

Frage an Marie-Luise Dött von Tom T. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Guten Tg Frau Dött,

bitte erklären sie mir kurz und präzise ,warum die cdu seit 1949 in ihrem Wahlprogramm nicht den VOLKSENTSCHEID AUF BUNDESEBENE hat.
Vielen Dank,ich bin schon ganz aufgeregt !

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Tomato,

Sie unterstützen die Idee des von Volksentscheiden auf Bundesebene und fragen, warum der Volksentscheid auf Bundesebene nicht im Wahlprogramm der CDU aufgenommen worden ist. Gern will ich Ihnen darauf antworten.

Die Väter und Mütter des Grundgesetzes haben für die Bundesrepublik Deutschland im Jahr 1949, vor dem Hintergrund sehr negativer Erfahrungen in der Weimarer Republik, die Möglichkeit, Volksabstimmungen auf Bundesebene abzuhalten, nahezu ausgeschlossen. Bis heute ist es bei dieser Regelung geblieben. Nach meiner Überzeugung geschah dies aus guten Gründen, denn das Grundgesetz hat die Grundlage für die erste stabile und erfolgreiche Demokratie in der deutschen Geschichte geschaffen. Darum streben wir – die CDU – keine Änderung des Grundgesetzes zur Einführung plebiszitärer Elemente auf Bundesebene an. Man kann sich zwar durchaus die Frage stellen, ob die Abgeordneten des Deutschen Bundestages als gewählte Vertreter des Volkes in Einzelfragen – wie zum Beispiel dem Vertrag von Lissabon – nicht stellvertretend für die deutsche Bevölkerung abstimmen sollen, aber die Bundesrepublik Deutschland hat ein repräsentatives Verfassungssystem, eine repräsentative, parlamentarische Demokratie, an der ich auch festhalte.

Es geht meines Erachtens in der Forderung nach Volksabstimmungen auf Bundesebene nicht so sehr um die Frage einer höheren Demokratie-Rangfolge, denn plebiszitäre Formen der Staatswillensbildung stellen gegenüber dem parlamentarischen Gesetzgebungsverfahren kein Mehr an Demokratie dar. Vielmehr müssen wir uns die Frage stellen, welche Form der Demokratie sich bewährt.

Vor allem auf Bundesebene haben wir mit der repräsentativen, parlamentarischen Demokratie die besten Erfahrungen in der wechselhaften deutschen Geschichte gemacht. Gegenüber der Volksabstimmung bietet das parlamentarische Gesetzgebungsverfahren ein größeres Maß an Verfahrensrationalität, Interessenausgleich und Gelegenheit zum Kompromiß. Außerdem stellt es die nach Artikel 79 Abs. 3 Grundgesetz notwendige Mitwirkung der Bundesländer an der Gesetzgebung sicher, die bei nationalen Plebisziten fehlt.

Bei Volksabstimmungen kann zudem nur eine Ja-Nein-Alternative zur Abstimmung gestellt werden. So würden komplexe Sachverhalte notwendig auf eine geschlossene Frage reduziert. Dabei käme es dann entscheidend darauf an, wie eine Abstimmungsfrage formuliert ist. Beispielsweise können die komplizierten Regelungen des SGB V, das die gesetzliche Krankenversicherung behandelt, unmöglich Absatz für Absatz zur Volksabstimmung vorgelegt werden. Allein die zur Ja-Nein-Abstimmung vorgelegten Sachfragen und vor allem deren Verfasser besäßen demnach Einflussmöglichkeiten, weniger jene, die über diesen Vorschlag lediglich mit Ja oder Nein entscheiden.

Aber ich möchte betonen, dass sich auf den Kommunal- und Landesebenen Volksinitiativen, Volksbegehren und Volksabstimmungen bewährt haben. Hier sind diese unbedingt auszubauen. Sie eignen sich meines Erachtens jedoch nicht für die komplexeren Verhältnisse auf Bundesebene.

Ich hoffe, daß ich Ihnen mit diesen Ausführungen meinen Standpunkt zur Frage nach Volksabstimmungen auf Bundesebene näherbringen konnte.

Mit freundlichen Grüßen

Marie-Luise Dött