Frage an Markus Ferber bezüglich Finanzen

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Markus Ferber
CSU
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Frage von Ulrike S. •

Frage an Markus Ferber von Ulrike S. bezüglich Finanzen

Sehr geehrter Herr Ferber,

Morgen wird über das Thema Provisionen für Finanzprodukte im Plenum des Europaparlaments abgestimmt.
Konkret geht es um die Frage, ob Provisionen für den Verkauf von Finanzprodukten verboten bzw. an die Kunden weitergereicht werden sollen, was zum Vorteil der Bankkunden wäre, da sie dann eine neutralere Beratung erwarten können. Die Verbände der Sparkassen, Volks- und Raiffeisenbanken räumen ein, dass sie gegen die Weitergabe von Provisionen Lobbyarbeit gemacht haben. Eine englische Labour-Abgeordnete will morgen noch mal einen Antrag auf
ein Verbot der Provisionen einbringen. Ich hätte gerne gewusst, wie Sie sich zu der
Frage der Provisionen positionieren, warum und mit welchen Lobbyisten
Sie in dieser Sache Kontakt hatten.

Mit freundlichen Grüßen
U. Schüren

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Antwort von
CSU

Sehr geehrte Frau Schüren,

herzlichen Dank für Ihre Anfrage, die Sie mir zum Thema Bankberatung und Provisionen über Abgeordnetenwatch haben zukommen lassen. Als der zuständige Berichterstatter im federführenden Wirtschaftsausschuss des Europäischen Parlaments nehme ich gerne zu Ihren Ausführungen Stellung.

Es ist richtig, dass wir heute über die Revision der Finanzmarktrichtlinie (MiFID) abstimmen, die eines der wichtigsten derzeit diskutierten Dossiers im Bereich der Finanzmarktregulierung ist, weil wir hiermit die Handelsplätze regulieren. Wir haben in den letzten Monaten intensive Verhandlungen über dieses hochkomplexe Dossier geführt und haben uns auf sehr gute Kompromisse geeinigt, die an vielen Stellen die Vorgaben des zugrundeliegenden Kommissionsvorschlags deutlich verschärfen. Ich möchte daher noch einmal anmerken, dass wir uns auf sehr strenge Vorgaben im Bereich der Warenterminmärkte und des Hochfrequenzhandels geeinigt haben, die es bis dato noch nicht gibt. Auch in dem von Ihnen angesprochenen Bereich des Anlegerschutzes gehen wir mit unseren Vorgaben deutlich über den Kommissionsvor-schlag hinaus. In diesem Zusammenhang wurde auch das von Ihnen angesprochene Provisionsverbot diskutiert.

Die Diskussion, ob Provisionen generell verboten werden sollen wird auf europäischer Ebene sehr kontrovers geführt. Was meiner Meinung nach derzeit gegen ein generelles europaweites Verbot von Provisionen spricht ist, dass wir in den einzelnen Mitgliedstaaten unterschiedliche Beratungsmodelle haben. Das heißt aber nicht, dass die Mitgliedstaaten nicht über unsere Vorgaben hinausgehen und ein generelles Verbot einführen können. Diese Option ist gegeben, allerdings haben wir uns im Wirtschaftsausschuss dafür ausgesprochen, dass dies subsidiär zu regeln ist. Ein ausreichender Verbraucherschutz ist ohne Zweifel wichtig. Was wir aber brauchen, ist eine qualitativ hochwertige Beratung und die lässt sich nicht durch ein pauschales Verbot von Provisionen erreichen.

Man muss sich hier auch die Frage stellen, für wen welches Beratungsmodell in Frage kommt. Vergleicht man nur einmal die Depotvolumen von Banken, die auf Honorarbasis arbeiten mit der provisionsbasierten Beratung dann zeigt sich ganz deutlich, dass das Depotvolumen bei der Honorarberatung ein deutlich höheres ist. Es rechnet sich also erst, wenn man eine gewisse Summe anlegt. Zudem sind die Kosten bei provisionsbasierter Beratung geringer. Dies könnte nun zu der Schlussfolgerung führen, dass für Privatkunden, die nur sporadisch Beratungsbedarf haben oder auch nur geringe Summen anlegen möchten, das Modell der Honorarberatung nicht in Frage kommt.

Daher ist mein Ansatz, dass wir mehr Transparenz schaffen müssen. Der Kunde muss ausreichend und transparent informiert werden, ob die Beratung gegen ein Entgelt erbracht wird und welche Gebühren sich damit verbinden. Außerdem ist es wichtig sicherzustellen, dass weder Gehaltsstrukturen noch Provisionen Anreize enthalten, dass ein Berater im Eigeninteresse und nicht im Interesse des Kunden berät. Auch dies muss zukünftig von den Firmen sichergestellt werden.

Die Abstimmungen im Wirtschafts- und Währungsausschuss haben zudem ergeben, dass Gebühren/Provisionen nur erlaubt sind, wenn sie an den Kunden weitergegeben werden oder wenn sie für die Bereitstellung des Produkts notwendig sind (z.B. Steuern) oder wenn der Kunde vorab transparent darüber informiert wird. Damit haben wir alle Optionen gegeben und die Mitgliedstaaten haben nach wie vor die Möglichkeit, mit einem nationalen Verbot über die Vorgaben hinauszugehen.

Die Frage nach einem angemessenen Verbraucherschutz sollte nicht nur auf ein Verbot von Provisionen reduziert werden. Wir setzen mit unserem Konzept an mehreren Stellen an, um einen ganzheitlichen Schutz zu garantieren. Neben einem Höchstmaß an Transparenz und verbesserten Informationen für den Kunden verlangen wir ebenso, dass vor dem Vertrieb eines Produkts die Zielgruppe innerhalb der bereits in MiFID definierten Kundenkategorien (Kleinanleger oder professioneller Anleger) definiert wird, um sicherzustellen, dass das Produkt auch die Kundeninteressen erfüllt und nur an diese Kundengruppe vertrieben wird.

Das hat zur Folge, dass Produkte zukünftig so konzipiert werden müssen, dass sie den Bedürfnissen eines bestimmten Zielmarkts in einer der bereits definierten Kundenkategorien entsprechen. Die Vermarktung und der Vertrieb des Produkts sollten sich dann auch entsprechend an diesem Zielmarkt richten. Firmen sollen also nicht mehr im Eigeninteresse Produkte entwickeln können.

Schließlich haben wir auch die Befugnisse für ESMA und die nationalen Behörden im Be-reich der Produktintervention gestärkt. Nach unseren Vorstellungen sollten ESMA oder die zuständige Behörde ebenso in der Lage sein, vorübergehende Beschränkungen oder Verbote auszusprechen, bevor ein Produkt vermarktet, vertrieben oder verkauft wird. Darüber sollte entsprechend im Vorfeld informiert werden, damit unter Umständen innerhalb eines gewissen Zeitrahmens noch Anpassungen vorgenommen werden können.

Ich bin überzeugt, dass wir mit der ausgehandelten Position des Wirtschaftsausschusses einen ausgewogenen Ansatz erzielt haben, der den Mitgliedstaaten alle Möglichkeiten gibt, aber gleichzeitig einen Verbraucherschutz garantiert, der die jetzigen Verhältnisse deutlich verbessert und den Kunden volle Transparenz gewährleistet.

In der Hoffnung, Ihnen hiermit eine Hilfe gewesen zu sein verbleibe ich

mit freundlichen Grüßen

Ihr
Markus Ferber, MdEP

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