Wie beurteilen Sie die Politik von Herrn Wissing, den Verbrennungsmotor wieder ins Spiel zu bringen?

Portrait von Markus Ferber
Markus Ferber
CSU
99 %
104 / 105 Fragen beantwortet
Frage von Wilfried H. •

Wie beurteilen Sie die Politik von Herrn Wissing, den Verbrennungsmotor wieder ins Spiel zu bringen?

Portrait von Markus Ferber
Antwort von
CSU

Sehr geehrter Herr H.,

 

haben Sie vielen Dank für Ihre Nachricht zum Thema Verbrennerverbot und Ihrer Frage zu meiner Einschätzung von Minister Wissings Politik.

 

Für mich ist Technologieoffenheit keine Verhandlungssache, sondern der Schlüssel zum Erfolg beim Thema Dekarbonisierung. Bereits von Anfang an habe ich mich daher gegen ein Verbrennerverbot gestellt und mich im Rahmen der Verordnung zu CO2-Flottengrenzwerten für eine technologieneutrale Lösung stark gemacht. Auch wenn ich es also prinzipiell als gutes Ergebnis erachte, dass dem Verbrennungsmotor Raum für Entwicklung gegeben werden soll, so gibt es zwei Gründe, die mich in dieser Hinsicht kritisch stimmen.

 

Zum einen muss am Verfahren Kritik geübt werden. Sowohl innerhalb der Verhandlungen zur Ratsposition, als auch im Trilog, hätte man sich viel früher für eine technologieoffene Lösung stark machen müssen. Sowohl in der allgemeinen Ausrichtung des Rates, als auch im Europäischen Parlament, hätte sie ihren Einfluss viel entschiedener geltend machen müssen. Geschehen ist jedoch relativ wenig. Die FDP hat früh viel versprochen, aber dann lediglich einen nicht rechtlich bindenden Erwägungsgrund abgeliefert. Im Anschluss zu verkünden, dass die EU-Kommission aufgrund des Erwägungsgrundes ihrer Arbeit nicht nachgekommen sei, grenzt an Schizophrenie. Der Text war aufgrund der fehlenden Abstimmung noch nicht rechtsbindend - also kam es auch zu keinem Arbeitsauftrag an die Kommission, zu prüfen wie eFuels auch nach 2035 noch eingesetzt werden könnten.

 

Nicht nur offenbarte die Haltung der FDP Risse in der Haltung der deutschen Regierung, sondern unterwanderte ebenfalls den Gesetzgebungsprozess. Es ist fraglich, ob Deutschland in Brüssel mit einer Stimme auftreten kann und inwiefern man sich in Zukunft auf beschlossene Texte und Einigungen verlassen kann. Vor allem in Sachen Verlässlichkeit und Vertrauen ist auf dem Brüsseler Parkett unter den Mitgliedstaaten viel Porzellan zerschlagen worden. Das sehe ich als äußerst kritisch auch für die zukünftige Zusammenarbeit auf Ratsebene an.

 

Zum zweiten habe ich erhebliche Zweifel an dem Erfolg, den die FDP und Verkehrsminister Wissing nun hinsichtlich eFuels zelebrieren. Auch wenn die Kommission aufgrund der Blockade Wissings verspricht legislativ, z.B. mit einem delegierten Rechtsakt, nachzulegen, so ist die Messe in Sachen eFuels alles andere als gelesen. Sofern Minister Wissing, dass ‚Ein mal Eins‘ der europäischen Gesetzgebung verstanden hat, so müsste er wissen, dass sowohl der Rat als auch das Parlament grünes Licht für einen delegierten Rechtsakt geben müssen. Das ist alles andere als ein Selbstläufer und garantiertes Erfolgsrezept für eFuels. Gerade Wissings Koalitionspartner werden in Brüssel die ersten sein, die gegen einen solchen delegierten Rechtsakt stimmen. Und nicht zuletzt die Risse innerhalb der Ampel-Regierung lassen Zweifel aufkommen, ob auch wirklich alle hinter der Einigung stehen. Angesichts des weißen Rauchs der derzeit aus der Kommission kommt, müssen wir hier ganz genau aufpassen, dass am Ende aus Timmermans Feder kein fauler Kompromiss fälschlicherweise als Feldzug für Technologieneutralität verkauft wird. Der Teufel wird hier im Detail stecken.

 

In der Hoffnung, Ihnen hiermit meine Position näher dargelegt zu haben, verbleibe ich

 

mit freundlichen Grüßen

Ihr

Markus Ferber, MdEP

Was möchten Sie wissen von:
Portrait von Markus Ferber
Markus Ferber
CSU