Frage an Markus Herbrand von Heribert K. bezüglich Finanzen
Sehr geehrter Herr Herbrand,
Mindestlohnbezieher in der Steuerklasse 1 bezahlen bei 40 Wochenstunden Arbeit ca. 90 Euro Lohn- und Kirchensteuer im Monat. Warum wird der Mindestlohn besteuert? Warum müssen Mindestlohnbezieher im Alter wieder Sozialtransfers (Rentenarmut) beantragen? Macht es nicht Sinn, die zwischen steuerlichem Grundfreibetrag und Mindestlohn-Brutto bestehende Differenz zugunsten der DRV zu verbeitragen - also den anfallenden Lohnsteueranteil als Beitrag der DRV zuzuführen?
1. Im Falle der Verbeitragung benötigen Mindestlohnbezieher im Alter keine Sozialtransfers mehr.
2. Die Bürokratie würde so deutlich auf lokaler Ebene (Bezirk, Landkreise, Städte) abgebaut, weil die Transferquote sinkt.
3. Zukunftsangst würde den Mindeslohnbeziehern zumindest teilweise genommen (AFD-Thema)
4. Die Umschichtung der Steuern zugunsten der Beiträge ist „haushaltsneutral“, da Überschüsse der DRV/KV regelmässig dem erwirtschafteten Haushaltsüberschuss zugeordnet werden (linke Tasche - rechte Tasche).
5. Der Bundeszuschuss zur DRV von ca. 100 Mrd. Euro könnte so evtl. entlastet werden.
Für Sie als Steuerberater - zu prüfen wäre m.E. auch, ob der ESt-Tarif insoweit überhaupt verfassungsgemäß ist (z.B. Verstoß gegen Art. 9 GG), da der Fiskus durch die Anhebung des Mindestlohns in die Tarifautonomie eingreift, „um“ sich letztlich selbst die Taschen mit mehreren Mrd Euro zu füllen.
Vielen Dank für Ihre Antwort
H. K.
Sehr geehrter Herr K.,
vielen Dank für Ihr Schreiben und Ihre Anregungen zur Besteuerung des Mindestlohns. Grundsätzlich hat das Bundesverfassungsgericht festgelegt, dass das Existenzminimum nicht besteuert werden darf. Dies schlägt sich im Grundfreibetrag wieder, der für jeden Steuerpflichtigen gilt. Da der Mindestlohn über diesem Existenzminimum liegt, ist es gerechtfertigt, dass auch Mindestlohnbezieher Steuern zahlen. Aufgrund unseres progressiven Steuersystems werden Mindestlohnbezieher zudem vergleichsweise gering besteuert.
Ihren Vorschlag die Mindestlohnbezieher von der Lohnsteuer zu befreien und diesen Betrag der Deutschen Rentenversicherung zuzuführen sehe ich aus mehreren Gründen kritisch. Eine Sonderbehandlung von Mindestlohnbeziehern gegenüber denjenigen, die etwas über dem Mindestlohn verdienen, könnte zu einer falschen Anreizsetzung führen. Mindestlohnbezieher wären so im Alter möglicherweise bessergestellt, obwohl sie zuvor weniger verdient haben.
Hinzu kommt, dass der Mindestlohn nur in wenigen Fällen für ein gesamtes Berufsleben bezogen wird. In vielen Fällen wird der Mindestlohn beim Berufseinstieg oder bei Aushilfen bezahlt. Die bestehenden Tariflöhne liegen in der Regel deutlich über dem Mindestlohn. Im Laufe des Erwerbslebens sind durch die zunehmende Arbeitserfahrung und durch Weiterbildungen in den meisten Fällen Lohnsteigerungen zu erwarten. Unser Rentensystem ist bereits heute so bürokratisch und hochkomplex, dass weitere komplizierte Sonderregelungen vermieden werden sollten.
Auch wenn ich mich Ihrem Vorschlag nicht anschließen kann, ist die Zukunftsangst derjenigen, die momentan den Mindestlohn beziehen natürlich sehr gut nachvollziehbar. Es liegt daher in der Verantwortung der Bundesregierung, eine solide Wirtschaftspolitik und Standortpolitik zu betrieben, damit sich die wirtschaftliche Situation dieser Menschen weiter verbessert. Zusätzlich liegt es in der Verantwortung des Staates Anreize für private und betriebliche Altersvorsorge möglich zu machen, die auch für Bezieher von geringen Einkommen zugänglich sind. Die FDP-Bundestagsfraktion hat hierzu bereits schlüssige Konzepte vorgelegt, für deren Umsetzung wir auch weiter werben werden.
Mit freundlichen Grüßen
Markus Herbrand MdB