Frage an Martin Schulz bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

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Martin Schulz
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Frage von Traudl H. •

Frage an Martin Schulz von Traudl H. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Schulz,

ich sehe Überzeugungstäter, wie Sie, die vehement für die EU kämpfen – hier für die Stärkung des Parlamentes. Ich komme mir vera....t vor, wenn ich wieder mal feststellte, dass Papiere der Institutionen häufig nur in englischer Sprache vorgelegt werden.

Man kann mir vorwerfen, ich trüge selbst die Schuld, wenn ich Studien nicht in „der Weltsprache“ lesen kann, schließlich hätte ich mich mehr üben können! Ich aber sehe darin eine gezielte Diskriminierung der EU-Bürger, die Englisch nicht als Muttersprache sprechen, oder sich entsprechend bilden konnten.

Schließlich haben Lobbyarbeiter die Mittel, alles rasch lesen zu können und genauso rasch darauf zu reagieren und Argumentationspapiere zu entwickeln. Uns Bürgern wird in der überwiegenden Mehrheit aber schon allein die Sprachhürde aufrecht erhalten – seit unzähligen Jahren!

Was ich sagen will:
Bitte setzten Sie sich dafür ein, dass jeder EU Bürger alles was „von dort“ (Brüssel / Straßburg,...) verfertigt wird, auch in jeder Sprache der Mitgliedstaaten vorgelegt wird und das alles barrierefrei zu erhalten ist. - Und bitte setzen Sie das während Ihrer Amtszeit um. Wir warten schon viel zu lange.

Vielleicht haben Sie ja auch einen Tipp, was wir dazu beitragen können?

Aber zunächst einmal: Wie stehen Sie zu meiner Forderung?

Danke im Voraus

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Antwort von
SPD

Sehr geehrte Frau Hopp,

vielen Dank für Ihre E-Mail vom 18. Februar 2013 an den Präsidenten des Europäischen Parlaments, Herrn Martin Schulz, die Sie ihm via "abgeordnetenwatch.de" übermittelt haben. Ihre Überlegungen zu der Verwendung der englischen Sprache in den Dokumenten der europäischen Institutionen wurden mit großem Interesse gelesen und zur Kenntnis genommen.

Die Sprachregelung im Rahmen der Organe und Einrichtungen der Europäischen Union beruht auf Artikel 342 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (ex-Art. 290 EGV): "Die Regelung der Sprachenfrage für die Organe der Union wird unbeschadet der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union vom Rat einstimmig durch Verordnungen getroffen".

Auf dieser Grundlage erließ der Rat am 15. April 1958 die Verordnung Nr. 1 zur Regelung der Sprachenfrage für die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft. Artikel 3 dieser Verordnung lautet wie folgt:

"Schriftstücke, die ein Organ der Gemeinschaft an einen Mitgliedstaat oder an eine der Hoheitsgewalt eines Mitgliedstaates unterstehende Person richtet, sind in der Sprache dieses Staates abzufassen."

Die Verordnung Nr. 1 wurde mit den verschiedenen Beitrittsverträgen geändert, so dass es zurzeit 23 Amtssprachen der Organe der Europäischen Union gibt.

Artikel 6 der o.e. Verordnung räumt jedoch den Institutionen der Europäischen Union die Möglichkeit auf, diese Regelung im Einzelnen anzuwenden: "Die Organe der Gemeinschaft können in ihren Geschäftsordnungen festlegen, wie diese Regelung der Sprachenfrage im einzelnen anzuwenden ist".

Im Europäischen Parlament wird die Sprachregelung im Artikel 146 seiner Geschäftsordnung festgelegt: "Alle Schriftstücke des Parlaments sind in den Amtssprachen abzufassen."

Wenn Sie ein bestimmtes Dokument des Europäischen Parlaments nicht finden, ist es möglich, dass eine Antragstellung zur Freistellung dieses Dokuments nötig sei. In diesem Fall wenden Sie sich an das öffentliche Dokumentenregister des Parlaments unter:
http://www.europarl.europa.eu/RegistreWeb/search/simple.htm?language=DE

Die Europäische Kommission veröffentlicht ebenfalls ihre Dokumente in allen Amtssprachen der EU. Zwischenfälle sind aber tatsächlich zu bedauern. Das Europäische Parlament und der Europäische Bürgerbeauftragte bemängelten im Juni bzw. Oktober 2012 die unzureichende Übersetzung der öffentlichen Konsultationen der Europäischen Kommission. Mehr dazu unter den zwei folgenden Links:
http://www.europarl.europa.eu/sides/getDoc.do?pubRef=-//EP//TEXT+TA+P7-TA-2012-0256+0+DOC+XML+V0//DE&language=DE
http://www.ombudsman.europa.eu/de/cases/decision.faces;jsessionid=2A79275E004A3DF1DCF8AAD5C9B25F83

Das gesamte EU-Recht können Sie unter dem folgenden Link in deutscher Sprache nachschlagen:
http://eur-lex.europa.eu/de/index.htm

Falls Sie der Auffassung sind, in Sache Mehrsprachigkeit von EU-Dokumenten Opfer einer Diskriminierung seitens der EU-Institutionen gewesen zu sein, können Sie sich an den Europäischen Bürgerbeauftragten wenden, um eine Beschwerde einzureichen.

Wir hoffen, dass diese Informationen Ihr Interesse finden und danken Ihnen noch einmal für Ihr Vertrauen in die Arbeit von Präsident Schulz.

Mit freundlichen Grüßen
Kabinett des Präsidenten