Frage an Matthias Miersch bezüglich Arbeit und Beschäftigung

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Matthias Miersch
SPD
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Frage von Dr. Lienhard W. •

Frage an Matthias Miersch von Dr. Lienhard W. bezüglich Arbeit und Beschäftigung

Lieber Herr Miersch!

Im Europawahlkampf hat die SPD angeprangert, daß große Konzerne wie Google kaum Steuern zahlen. Gut so.

Dazu habe ich eine Frage:

Warum blockiert Olaf Scholz hinter den Kulissen die Versuche, Steuertransparenz zu schaffen durch das öffentliche COUNTRY-BY-COUNTRY-REPORTING?

Was tun Sie als Fraktionsmitglied gegen dieses doppelte Spiel unsere Finanzministers?

Zu den Einzelheiten:

Finanzminister Olaf Scholz, SPD, verhindert laut Nachrichtenmagazin Monitor vom 23. Mai 2019 eine europäische Initiative für mehr TRANSPARENZ. Danach sollten Unternehmen ÖFFENTLICH machen, in welchem Land sie welchen Gewinn machen und wie viel Steuern sie darauf zahlen – ein wirksames Mittel gegen Steuertricksereien, das jetzt von Deutschland und seinem SPD-Finanzminister blockiert wird.

Warum verhindert SPD-Finanzminister Scholz öffentliche Steuertransparenz, indem er die Steuertricks der Großkonzerne unsichtbar bleiben läßt?

Warum blockiert Genosse Scholz hinter den Kulissen die offiziellen Ziele der SPD, die er doch selbst mitbeschlossen hat?

Wie steht die Fraktion dazu?

Anders gefragt: Warum wirbt die SPD überhaupt noch damit, daß sie mehr Transparenz will durch das öffentliche COUNTRY-BY-COUNTRY-REPORTING, wenn SPD-Finanzminister Scholz mit seinem PRÜFVORBEHALT die öffentliche Steuertransparenz blockiert?

Vielleicht können Sie verstehen, daß ich als Wähler dieses doppelte Spiel zynisch finde und mich ähnlich verschaukelt fühle (wie auch bei Scholzens Ablehnung der Bodenwertsteuer, die ein Schutz gegen Bodenspekulation sein könnte). Herr Scholz wäre, so ist mein Eindruck, in der CDU besser aufgehoben.

Wie beurteilen Sie dieses doppelte Spiel unseres SPD-Finanzministers? Wie stehen Sie als Hoffnungsträger der SPD zur Steuertransparenz?

Beste Grüße
Ihr
Lienhard Wawrzyn

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SPD

Sehr geehrter Herr Dr. W.,

vielen Dank für Ihre Anfrage, welche ich nachfolgend gerne beantworten werde.

Es geht Ihnen darum, dass das derzeit schon praktizierte Country-by-Country-Reporting auch für die Öffentlichkeit zugänglich wird. Die SPD-Bundestagsfraktion befürwortet die entsprechenden Vorschläge der Kommission und des Europäischen Parlaments, da sie geeignet sind, gegen Steuerflucht und Steuervermeidung vorzugehen. Gegen unzulässige Steuervermeidungsmodelle und Machenschaften wie die des Panama-Papers-Skandals, ist öffentliche Transparenz das richtige Mittel, um Unternehmen in die Pflicht zu nehmen und um zu zeigen, dass der Staat die Einhaltung der Steuerpflicht ernst nimmt. Dafür ist neben Transparenz auch Kontrolle erforderlich. Die Skandale der letzten Zeit haben zudem gezeigt, dass nur dank Whistleblowern Steuervermeidungs- und Steuerhinterziehungspraktiken öffentlich wurden, weshalb wir deren Schutz verbessern müssen.

Eine Einigung innerhalb der Bundesregierung konnte in der 18. Wahlperiode nicht erreicht werden, so dass eine Abstimmung im Rat zur Richtlinie bisher offen blieb. Grund ist, dass CDU und CSU die in der EU-Richtlinie enthaltenen Regelungen zu weit gehen und die Union transparentere Regelungen nicht will. Dies ist auch weiterhin der Fall. Deshalb besteht innerhalb der Bundesregierung weiterhin Uneinigkeit. Bundesfinanzminister Olaf Scholz kann nun in Brüssel allerdings keinen Alleingang machen und SPD Positionen vertreten, sondern muss als Vertreter der gesamten Bundesregierung sprechen. Angesichts der unterschiedlichen Standpunkte in der Koalition hat er die Bedenken gegen die Veröffentlichung der Daten angeführt – die es natürlich bei der Union auch gibt.

Sie fragen, warum die SPD für die obigen Positionen noch wirbt, wenn Deutschland sie in Brüssel durch eine Uneinigkeit in der Regierung blockiert. Herr W., leider fiel das Ergebnis der letzten Bundestagswahl für die SPD nicht so aus, wie ich es mir gewünscht hätte. Wenn die SPD bei dieser Wahl eine absolute Mehrheit bekommen hätte, würden wir jetzt Schritt für Schritt unser Regierungsprogramm abarbeiten, also auch in Brüssel für ein öffentliches Country-by-Country-Reporting einstehen. Die Wähler*innen haben hierfür aber nicht die Voraussetzungen geschaffen. Die meisten Stimmen entfielen auf die CDU/CSU und die stehen in vielen Punkten für das Gegenteil dessen, was die SPD und ich wollen. Herr W., in der Koalitionsverhandlungen konnte die SPD gegenüber den Unionsparteien viele positive Ergebnisse erzielen. Leider fallen in Koalitionen generelle einige Wahlversprechen dem Wahlversprechen der Partner zum Opfer. Dies ändert aber nichts an der Position der SPD. Die SPD-Bundestagsfraktion wird weiter Druck machen, mehr Transparenz zu erreichen. Dies ist auch das Ansinnen von Olaf Scholz. Wer also zurecht mehr Transparenz und Steuergerechtigkeit fordert, der sollte sich insbesondere an die CDU/CSU wenden, die weitergehende und notwendige Regelungen blockieren.

Sehr geehrter Herr W., ich hoffe dass ich Ihnen mit meinen Zeilen deutlich machen konnte, dass sowohl die SPD, Bundesfinanzminister Olaf Scholz als auch ich für ein öffentliches Country-by-Country-Reporting stehen und uns auch weiterhin gegenüber der CDU/CSU dafür einsetzen. Solange die Unionsparteien dies jedoch blockieren, muss Herr Scholz als Vertreter der gesamten Bundesregierung die Bedenken in dieser Art und Weise in Brüssel zum Ausdruck bringen.

Mit freundlichen Grüßen
Matthias Miersch

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