Sehr geehrter Herr Haussmann,

vielen Dank für Ihre Anfrage, auch mich machen die Berichte und Bilder aus Brasilien traurig und fassungslos. Die Gefahren durch weitere Mutationen werden von Experten beschrieben, dies wird auch politisch sehr ernst genommen, nicht nur mit Hinblick auf das Infektionsgeschehen in Brasilien. Nach einer Gesetzesänderung werden seit Anfang Januar in Deutschland fünf Prozent der positiven Corona-Befunde genetisch sequenziert, um Mutationen und deren Verbreitung aufzuspüren. Weitere Maßnahmen, wie etwa ein negatives Testergebnis bei einer Einreise nach Deutschland aus bestimmten Ländern, sind ebenfalls vor diesem Hintergrund zu sehen.

Präsident Bolsonaro ist demokratisch gewählter Staatschef eines souveränen Landes. Es ist daher primär Sache der brasilianischen Bürgerinnen und Bürger, hier Ihren Präsidenten in die Schranken zu verweisen, wie Sie schreiben. Proteste finden nun ja auch vermehrt statt, ich hoffe sehr, dass dies zu einer Änderung der Politik in dem Land beiträgt. Weitere konkrete Maßnahmen auf Basis des Völkerrechts scheinen mir nicht einfach möglich zu sein, ich würde hier aber einer Prüfung oder Initiativen durch das Auswärtige Amt offen gegenüberstehen. Deutschland hat zuletzt Hilfsmittel, darunter Beatmungsmaschinen, in die Amazonas-Stadt Manaus geflogen. Auf internationaler Bühne setzen wir uns im Verbund mit der Weltgesundheitsorganisation und der Europäischen Union mit der Initiative COVAX für einen weltweiten Zugang für Impfstoffe ein. Wir versuchen zu helfen wo es geht, ob etwa Sanktionen Präsident Bolsonaro in die Knie zwingen, wage ich zu bezweifeln. Ohnehin müsste das international sehr gut abgestimmt sein. Momentan kann man davon angesichts wachsender Spannungen zwischen den großen internationalen Playern nicht ausgehen.

Bleiben Sie gesund, mit freundlichen Grüßen

Michael Hennrich