Frage an Niels Annen bezüglich Innere Sicherheit

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Niels Annen
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Frage von Thomas M. •

Frage an Niels Annen von Thomas M. bezüglich Innere Sicherheit

Sehr geehrter Herr Annen.

Sie stimmen regelmäßig für Bundeswehreinsätze ab, sind aber gegen die Ertüchtigung der Bundeswehr. Wir halten unsere - definitiv - gemachten Zusagen gegenüber unseren Bündnispartnern bezüglich einer Aufrüstung (besser: Ausrüstung) der Bundeswehr nicht ein. Nun kann man sagen, versprechen sind nicht bindend. Wenn Sie aber für Auslandseinsätze zustimmen, gleichfalls aber wissen, das wir nur noch eine Schrottarmee haben, selbst die Schweiz schon mehr Militär als wir haben, warum dann ihre Haltung gegen die Bundeswehr und gegen die notwendige Aufrüstung unserer Armee? Wir sind Platz 16 im 2% Ziel innerhalb der Nato. Meinen Sie nicht, das Frankreich, England, Polen, die baltischen Staaten zurecht immer ungehaltener gegenüber Deutschland sind? Immerhin eines der reichsten Länder, was - wie es viele Außenminister sagen - schmarotzt in Sachen Sicherheit und Bündnistreue.

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Sehr geehrter Herr Mainthal,

vielen Dank für Ihre Nachricht, zu der ich gerne Stellung beziehe.

Die Bundeswehr ist und bleibt im Kontext der Vernetzten Sicherheit ein unverzichtbarer Bestandteil unserer Außenpolitik. Unsere Soldatinnen und Soldaten, die im In- und Ausland stationiert sind, leisten einen wertvollen Beitrag zum Schutz und zur Verteidigung Deutschlands und unserer Verbündeten.

Die Auslandsmissionen der Bundeswehr dienen der Friedenssicherung und der Stabilisierung von Krisenregionen. Eine realistische Außenpolitik erkennt an, dass militärische Kräfte nötig sein können, um bewaffneten Konflikten zu begegnen. Gleichzeitig ist eine nachhaltige Sicherheitspolitik nur im Sinne eines umfassenden Ansatzes und damit der Vernetzung politischer, diplomatischer, entwicklungspolitscher, humanitärer aber auch militärischer Maßnahmen gewährleistet. Entsprechend vertrete ich, anders als von Ihnen kritisiert, keine grundsätzliche „Haltung gegen die Bundeswehr und gegen die notwendige Aufrüstung unserer Armee“.
Im Gegenteil: Vor dem Hintergrund der Zunahme internationaler Konfliktfelder und des breiten Aufgabenspektrums der Bundeswehr muss eine adäquate Ausstattung genauso wie Ausbildung und Betreuung unserer Soldatinnen und Soldaten gewährleistet werden. Nur so kann die Bundeswehr die ihr übertragenen Aufträge bestmöglich erfüllen.

Sie kritisieren zurecht die höchst problematische Ausstattungssituation der Bundeswehr. Dass beispielsweise Flugzeuge, Hubschrauber, U-Boote nicht oder nur eingeschränkt einsatzfähig sind, ist ein inakzeptabler Zustand. Besonders die persönliche Ausrüstung der Soldatinnen und Soldaten, wie beispielsweise Schutzwesten, müssen auf dem neusten technischen Stand sein. Im Notfall rettet das Leben. Hier steht Ursula von der Leyen als Bundesverteidigungsministerium in der Pflicht, die notwendigen Reformen mit der gebotenen Eile umzusetzen. Ich unterstützte sie dabei unermüdlich.

Wie der Wehrbeauftragte Dr. Hans Peter Bartels in seinem Wehrbericht für 2017 richtigerweise analysiert, hat es im vergangenen Jahr aber nicht an finanziellen Mitteln gefehlt. Entsprechend muss zur Verbesserung der Ausstattungssituation an verschiedenen Punkten angesetzt werden:

1. Die Bundesverteidigungsministerin muss die in der Bundeswehr eingeleiteten Trendwenden hinsichtlich Personal, Material und Finanzen konsequent fortführen. Besonders das Rüstungswesen muss grundlegend evaluiert werden, um eine verbesserte, transparente und effektive Beschaffung von Ausrüstung zu gewährleisten. Gleichzeitig muss in die Ersatzteilbevorratung investiert werden, damit Ersatzteile nicht erst bestellt werden müssen, wenn ein Gerät schon außer Betrieb ist. Die Verbesserung dieser Strukturen ist einer der grundlegenden Eckpfeiler unserer Modernisierungsstrategie.

2. Vor dem Hintergrund, dass derzeit grundlegende Prinzipien der internationalen Zusammenarbeit zu erodieren scheinen, muss Deutschland in Zukunft zunehmend selbstbewusst auf der Weltbühne auftreten. Dies muss im Zuge der Weiterentwicklung der Gemeinsamen Europäischen Außen- und Sicherheitspolitik erfolgen. Dabei bleibt die deutsche Außenpolitik dem Frieden verpflichtet und fest in den Vereinten Nationen und der Europäischen Union verankert.

Die Realisierung der „PESCO“ („Ständige Strukturierte Zusammenarbeit“ innerhalb der Europäischen Union) im militärischen, aber auch im zivilen Bereich, ist deshalb eine der zentralen Aufgaben für die aktuelle Legislaturperiode. Hierfür müssen die Planungsprozesse innerhalb der EU effizienter abgestimmt und mit denen der NATO verknüpft werden. Die stärkere gemeinsame Planung lässt zusätzliche finanzielle Spielräume frei werden. Die Harmonisierung von Entwicklungs- und Beschaffungsprozessen innerhalb der Europäischen Union führt letztlich zu einem kostengünstigeren und effizienteren Einkauf von Rüstungsgütern und Ausstattungsgegenständen.

3. Vor dem Hintergrund der Ausrüstungssituation der Bundeswehr und dem stärkeren außenpolitischen Engagement Deutschlands wurde in den vergangenen Jahren in der Verteidigungs- und Haushaltspolitik eine Trendumkehr eingeleitet. Damit soll vor allem dem gestiegenen Bedarf im Bereich „Entwicklung und Beschaffung“ Rechnung getragen und eine nachhaltige und planungssichere Finanzierung gewährleistet werden. So sind die Verteidigungsausgaben in den Jahren von 2012 bis 2017 von 31,87 auf 37 Milliarden Euro gestiegen. Seit einigen Jahren steigt auch der Prozentsatz der Verteidigungsausgaben am Bruttoinlandsprodukt (siehe 2%-Ziel) kontinuierlich von 1,18% im Jahr 2015 auf 1,24% im Jahr 2017.

Trotz der Probleme bei Ausstattung und Fahrzeugen kann Deutschland alle Bündnispflichten gegenüber der NATO einhalten. Anders als von Ihnen dargestellt, „schmarotzt“ Deutschland deshalb nicht „in Sachen Sicherheit und Bündnistreue“. Trotzdem steht es außer Frage, dass zusätzliche finanzielle Mittel bereitgestellt werden müssen, um Mängeln zu begegnen und die Bundeswehr für zusätzliche Aufgaben im In- und Ausland auszurüsten.

Deshalb wurde im Koalitionsvertrag vereinbart, auch in dieser Legislaturperiode in die Bundeswehr zu investieren. Das ist notwendig, um der Verantwortung gegenüber den Soldatinnen und Soldaten gerecht zu werden. Zusätzliche Haushaltsspielräume im Rahmen der jährlichen Haushaltsaufstellung ab 2018 bis 2021 sollen prioritär dazu genutzt werden, die Mittel für Verteidigung, Krisenprävention, humanitäre Hilfe und Entwicklungszusammenarbeit zu erhöhen. Die Kopplung der Ausgaben für Militär und zivile Krisenprävention im Verhältnis 1:1 entspricht dabei unserem Ansatz der vernetzten Sicherheit. Damit erfüllen wir gleichzeitig auch unsere internationale Verpflichtung zur weiteren Steigerung der ODA-Quote.

Klar ist aber auch, dass Deutschland sich keiner Aufrüstungslogik unterwerfen darf. Die unter anderem von den USA geforderten Ausgaben von 2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts für Verteidigung bis 2024 entsprechen nicht meinen Vorstellungen. Auch die renommierte Stiftung Wissenschaft und Politik bezeichnet dieses Ziel als Illusion. Um dies zu erreichen müsste, Deutschland binnen sieben Jahren seine Verteidigungsausgaben von derzeit rund 37 Milliarden Euro auf knapp 75 Milliarden Euro erhöhen. Damit stünde Deutschland im europäischen Vergleich mit Abstand an der Spitze und weit vor unserem westlichen Nachbarn Frankreich.

Den Verteidigungshaushalt mehr als zu verdoppeln ist aus meiner Sicht daher wenig zielführend, stattdessen braucht es mehr Effizienz bei den Ausgaben. Hierfür braucht es vor allem eine stärkere Zusammenarbeit und eine gemeinsame Strategie innerhalb der Europäischen Union.

Mit freundlichen Grüßen,
Niels Annen

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