Frage an Nina Stahr bezüglich Gesundheit

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Nina Stahr
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Ralph N. •

Frage an Nina Stahr von Ralph N. bezüglich Gesundheit

Sehr geehrte Frau Stahr,

ich habe ein paar Fragen zur Gesundheitspolitik:
1.Die Bundesregierung möchte die Kopfpauschale einführen, was wollen sie?
2.Laut Spiegel warten Gesetzlich Versicherte 71 Tage auf einen Termin beim Facharzt, Privatpatienten 19: Eine Studie zeigt nach SPIEGEL-Informationen, wie Mediziner Kassenpatienten systematisch benachteiligen. Aus Sicht der Ärzte ist das durchaus sinnvoll - so verdienen sie mehr Geld.Wie wollen sie das ändern?
3.Es gibt immer mehr Leistungen die "privat" bezahlt werden müssen z.B. beim Zahnarzt -wie stehen sie dazu?
4. Wie wollen sie verhindern, dass nicht Privatpatienten bessere Medizin in Krankenhäusern bekommen als Gesetzlich Versicherte Patienten.

Vielen Dank!
Mit freundlichen Grüßen
Ralph Neumann

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Neumann,

ich bedanke mich für Ihre Fragen und beantworte sie Ihnen gerne - gerade weil mich die Fragen nach Ungerechtigkeiten in unserem Krankenversicherungssystem auch sehr umtreibt.

1. Die Bundesregierung möchte die Kopfpauschale einführen, was wollen sie?

Als Grüne kämpfe ich gegen die "Kopfpauschale", weil durch diese in Zukunft alle Kostensteigerungen im Gesundheitswesen alleine von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern getragen werden müssen, und zwar unabhängig vom Einkommen. Dies bedeutet, dass Chefin und Sekretär in Zukunft die gleichen Zusatzbeiträge bezahlen müssen, obwohl sie unterschiedlich viel verdienen. Zudem entlastet die "Kopfpauschale" einseitig die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber. Das ist nicht gerecht und durchbricht die Solidargemeinschaft unseres Krankenversicherungssystems. Deshalb kämpfe ich gegen die Kopfpauschale.
Stattdessen setze ich mich für eine Bürgerversicherung ein. Wir Grüne wollen, dass gesetzlich und privat Versicherte hier genauso einzahlen wie Beamte und Selbstständige. Zur Finanzierung der Bürgerversicherung sollen alle Einkünfte einbezogen werden, also nicht nur der Arbeitslohn, sondern beispielsweise auch Kapitalerträge oder Mieteinnahmen. Es ist nicht einzusehen, dass diese Einnahmen bei einem solidarischen Versicherungssystem außen vor bleiben. Die gleichmäßige Einbeziehung von Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern sowie Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern soll wieder hergestellt werden, also einem Verhältnis von 50 % zu 50 % entsprechen. So können wir eine solidarische und nachhaltige Finanzierung unseres Gesundheits- und Pflegesystems sicherstellen.

2. Laut Spiegel warten Gesetzlich Versicherte 71 Tage auf einen Termin beim Facharzt, Privatpatienten 19: Eine Studie zeigt nach SPIEGEL-Informationen, wie Mediziner Kassenpatienten systematisch benachteiligen. Aus Sicht der Ärzte ist das durchaus sinnvoll - so verdienen sie mehr Geld. Wie wollen sie das ändern?

Die derzeitige Zwei-Klassen-Medizin halte ich für unfair und unsolidarisch. Aus Sicht der Mediziner mag es tatsächlich verständlich sein, immerhin bekommen diese etwa 2,3mal so viel Honorar für vergleichbare Leistungen, wenn sie einen privat versicherten Patienten behandeln. Aus Sicht der Patienten ist dies aber keinesfalls verständlich, und deshalb muss damit Schluss sein. Deshalb wollen wir die Bürgerversicherung. Im derzeitigen Krankenversicherungssystem ziehen sich die gut Verdienenden oft aus der Solidargemeinschaft heraus und versichern sich privat. Dafür werden sie dann auch noch durch bevorzugte Behandlung "belohnt". Das ist für mich nicht akzeptabel. Mit der grünen Bürgerversicherung werden wir daher die Unterschiede zwischen gesetzlich und privat Versicherten aufheben, sodass auch das von Ihnen geschilderte Problem nicht mehr entsteht.

3. Es gibt immer mehr Leistungen die "privat" bezahlt werden müssen z.B. beim Zahnarzt - wie stehen sie dazu?

Einseitige Zusatzbelastungen für Patienten finde ich ungerecht - gerade wenn es z.B. um sinnvolle Vorsorgeuntersuchungen geht. Menschen, die mehr Geld haben, können sich mehr Vorsorge leisten und sind dadurch gesünder. In meinen Augen hat aber jederer Mensch das gleiche Recht auf ordentliche medizinische Versorgung.
Die vielen Zuzahlungen und Eigenleistungen sind ein Ergebnis der derzeitigen Form der gesetzlichen Krankenversicherung. Diese soll zwar ein Solidarsystem sein, ist es aber nicht, denn die stärksten Schultern können sich privat versichern und tragen daher die Last nicht mit. Mit der grünen Bürgerversicherung wollen wir dies ändern. Durch Einbeziehung der Privatversicherten, der Beamten und Selbstständigen sowie von Aktiengewinnen und Zinsen wird es uns sogar möglich sein, die Beitragssätze um 1,5 % zu senken. Durch die paritätische Einbeziehung von Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern sowie Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern können die Versicherten um weitere 0,45 % entlastet werden. Dadurch werden die von Ihnen angesprochenen privat gezahlten Zusatzleistungen nicht mehr nötig sein.

4. Wie wollen sie verhindern, dass nicht Privatpatienten bessere Medizin in Krankenhäusern bekommen als Gesetzlich Versicherte Patienten?

Die grüne Bürgerversicherung wird die gegenwärtige Zwei-Klassen-Medizin überwinden. Es wird keine gesetzlich oder privat Versichteren mehr geben, sondern nur noch Bürgerinnen und Bürger, die solidarisch in eine gemeinsame Versicherung einzahlen. Dementsprechend wird es auch keine Ungleichbehandlung in Krankenhäusern mehr geben. Dafür setze ich mich jetzt bereits ein und hoffe, nach der Wahl am 22. September auch im Bundestag dafür kämpfen zu können.

Weitere Informationen zur grünen Bürgerversicherung finden sie beispielsweise in diesem Flyer unserer Bundestagsfraktion: http://gruenlink.de/ku2

Herzliche Grüße,
Nina Stahr