Frage an Norbert Müller bezüglich Menschenrechte

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Norbert Müller
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Frage von Lydi S. •

Frage an Norbert Müller von Lydi S. bezüglich Menschenrechte

Sehr geehrter Herr Müller,
Erläutern Sie mir bitte Ihre Politik zum Thema Impfen?
Freundliche Grüße
Lydia Seeger

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Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrte Frau Seeger,

vielen Dank für Ihre Nachricht. Zwar habe ich einige Kritik an dem durch die Bundesregierung vorgeschlagenen Entwurf eines Zweiten Gesetzes zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite. Allerdings muss ich klarstellen, dass die Einführung einer Impfpflicht, wie sie teilewiese in den sozialen Medien diskutiert wird, nicht Teil des Gesetzentwurfes oder irgendeines anderen Gesetzentwurfes ist. Die Debatte erübrigt sich auch insofern, als dass es bisher noch keinen Impfstoff gibt, der vor Covid-19 schützt. Auch ist der zwischenzeitlich in der Debatte befindliche Immunitätsausweis erst einmal vom Tisch. Die Bedenken gegen einen solchen Ausweis hat mein Kollege Achim Kessler auf den Punkt gebracht: https://www.linksfraktion.de/presse/pressemitteilungen/detail/immunitaetsausweis-koennte-zum-vehikel-der-stigmatisierung-werden/

Wenn Sie mich nach meiner persönlichen Meinung zu einer Impfpflicht fragen, so muss ich Ihnen sagen, dass ich dem aus grundrechtlichen Erwägungen skeptisch gegenüber stehe. Zumal die Bereitschaft zur Impfung in der Bevölkerung anhaltend sehr hoch ist. Deswegen habe ich auch gegen die MMR-Impfpflicht gestimmt. Gleichwohl befürworte ich in diesem Zusammenhang die weitere Förderung von Aufklärungskampagnen wie „Deutschland sucht den Impfpass“ und lasse meine Kinder und mich selbst nach den Empfehlungen der Ständigen Impfkommission impfen.

Dennoch gibt es aus meiner Sicht und der Sicht meiner Fraktion einige Punkte, die an dem geplanten Gesetz zu kritisieren sind. So ist zwar die geplante Ausweitung der Corona-Tests begrüßenswert. Allerdings soll hierfür die Versichertengemeinschaft (also alle, die Krankenversicherungsbeiträge zahlen) aufkommen. Das ist systematisch falsch und treibt die Beiträge nach oben. Hier wäre eine Finanzierung aus Steuermitteln der bessere Weg. Auch aus Datenschutzsicht habe ich erhebliche Bedenken. Alle Fälle, egal ob positiv, negativ oder mit Antikörpern getestet, in Datenbanken erfasst werden, pseudonymisiert zwar, aber damit immer noch rekonstruierbar. Diese Datensammel- und Datenauswertungswut ist völlig ungerechtfertigt. Zumal sie nicht auf Corona beschränkt werden soll, sondern für alle meldepflichtigen Krankheiten ermöglicht werden soll. Auf weitere Punkte weißt auch mein Kollege Niema Movassat in einer Stellungnahme hin: https://www.movassat.de/kommt-jetzt-die-gesundheitsdiktatur?fbclid=IwAR35MQi40mY4DAKkLNfDxY_KZfup6sRbsp_zhm-Hk96iASLR_WCVWyTP-GE

Dass die Bundesregierung so drastische Maßnahmen ergriffen hat, zeigt, dass unser Gesundheitssystem an der Belastungsgrenze ist. Es wurde seit Jahren kaputtgespart. Deshalb müssen wir jetzt alles tun, um das Gesundheitssystem dauerhaft krisenfest zu machen. So brauchen wir 500 Euro mehr Grundgehalt für alle in der Pflege als dauerhafte Sofortmaßnahme. Auch muss sofort in die Krankenhäuser investiert und der in den vergangenen Jahren aufgelaufene Investitionsstau von 30 Mrd. Euro behoben werden. Hierfür werde ich weiter streiten. Zum Schluss möchte ich Sie noch im Sinne der Beschäftigten im Gesundheitswesen darum bitten, sich weiterhin an die Gebote der physischen Distanz und der weiteren Schutz- und Hygienemaßnahmen zu halten.

Mit freundlichen Grüßen

Norbert Müller, MdB