Frage an Özcan Mutlu bezüglich Bildung und Erziehung

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Özcan Mutlu
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Paul T. •

Frage an Özcan Mutlu von Paul T. bezüglich Bildung und Erziehung

Sehr geehrter Herr Mutlu,

In der Schule haben wir über Probleme der Bildungsnachteile von Immigranten diskutiert.Grundlage hierzu war der Artikel "Die geteilte Straße" von Julia Friedrichs der in der Wochenzeitung DIE ZEIT am 14 Juli 2013 erschienen ist.

Nun haben wir uns Lösungsmöglichkeiten und deren Schwachpunkte überlegt und würden sie gerne Fragen was sie von diesen Ideen halten:
-zusätzliches Geld für instutituionen außerschulischer Bildungsmöglichkeiten z.B.:staatlich finanzierte Nachhilfezentren,...(prob:Kosten)
-Modernisierung schulischer Gebäude und Lernmaterialien(prob.:Kosten)
-

Stimmen sie mit uns überein oder haben sie Mängel in diesen Lösungen gefunden?

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Troost,

vielen Dank für Ihre Frage. Zunächst freue ich mich, dass Sie sich mit diesem wichtigen Thema befassen und sich auch Lösungsmöglichkeiten überlegt haben.

Zum zusätzlichen Geld für Institutionen außerschulischer Bildungsmöglichkeiten, z.B. staatlich finanzierte Nachhilfezentren: Sie werden das möglicherweise als "naiv" bezeichnen, aber ich möchte eigentlich nicht, dass Kinder und Jugendliche überhaupt Nachhilfe nehmen müssen. Im Idealfall ist das auch nicht nötig, weil eine gute Schule ihrer Aufgabe gerecht wird. Das entspricht jedenfalls meinem Verständnis von Schule. Zum anderen glaube ich, dass Schule noch zu wenig auf die unterschiedlichen Potenziale von Schülerinnen und Schülern eingeht. Diese lernen in der Regel mit dem gleichen Ziel, an den gleichen Inhalten, im gleichen Lerntempo und im gleichen Zeitraum. Das ist vor allem entwicklungspsychologischer Unsinn.

Warum nimmt jemand Nachhilfe? Weil er mit einem Inhalt nicht zurechtkommt, von dem man glaubt, dass er grade in diesem Moment für alle Schülerinnen und Schüler interessant und wichtig ist und weil die Schule nicht in der Lage ist, diese Inhalte zu vermitteln. Man geht i.d.R. davon aus, dass alle Schülerinnen und Schüler auf dem gleichen Entwicklungsniveau sind oder sein müssen. Das halte ich für falsch. Ich möchte, dass Unterricht stärker individualisiert, also stärker auf die einzelnen Begabungen, Interessen und Neigungen der Schülerinnen und Schüler eingeht. Das heißt nicht, dass in der Schule alle machen können und sollen, was sie wollen - natürlich müssen ein Kerncurriculum erfüllt und Basiskompetenzen gelehrt werden, über die jeder Schüler und jede Schülerin verfügen muss. D.h. die Vermittlung von Inhalten ist eine primäre Aufgabe von Schule und daher sollten Nachhilfezentren Schülerinnen und Schüler außerhalb der Schulzeit nicht noch für die Schule "pimpen".
Deshalb sage ich: Verständnis von Schule überdenken, ändern - und Schulen personell und materiell für die Erfüllung ihrer Aufgabe auskömmlich ausstatten. Ein kluger Pädagoge hat mal gesagt, "Wir können die Kinder der Gegenwart nicht mit Methoden der Vergangenheit, für die Zukunft vorbereiten"

Zur Modernisierung schulischer Gebäude und Lernmaterialien: absolut d´accord! Man bezeichnet den Raum ja immer auch als dritten Pädagogen. Da ist es für mich selbstverständlich, dass Lernorte auch wirkliche Orte des Lernens sein können und nicht vor sich hin gammeln. Selbiges gilt für die Lernmaterialien. Kein Erwachsener würde an einem solchen Arbeitsplatz arbeiten, wie Schülerinnen und Schüler es teilweise tun müssen! Deshalb sind Investitionen in die Bildung unabdingbar. Dafür setze ich mich im Bundestag - trotz Kooperationsverbot - tagtäglich ein!

Mit besten Grüßen

Özcan Mutlu