Frage an Petra Sitte bezüglich Kultur

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Petra Sitte
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Frage von Dr. Frank H. •

Frage an Petra Sitte von Dr. Frank H. bezüglich Kultur

Sehr geehrte Frau Dr. Sitte,

da sich bereits mehrere Bundespolitiker zu den im Kulturetat des Landes Sachsen-Anhalt vorgesehenen Kürzungen geäußert haben, möchte ich auch Sie um eine Stellungnahme bitten.

Wie Sie gehört haben werden, beschloss der Landtag im September 2011, einen Kulturkonvent einzusetzen, der als unabhängiges Expertengremium eine Analyse der Situation vornehmen und Empfehlungen erarbeiten sollte. Im Februar 2013 übergab der Kulturkonvent seinen Abschlussbericht an Kultusminister Dorgerloh (SPD) und empfahl u.a., den Kulturetat des Landes Sachsen-Anhalt zu erhöhen. Im Gegensatz dazu hat das Kultusministerium bislang keine einzige Empfehlung des Kulturkonvents umgesetzt und darüber hinaus geplant, die Theater- und Orchesterförderung um 7 Millionen Euro zu reduzieren. Diese Reduzierung würde die Theater, Oper und Orchester GmbH Halle (TOO) mit 3 Millionen betreffen.

Erste Berechnungen haben im Fall der TOO Halle ergeben, dass die Einsparungen nur durch eine Reduzierung der Gehälter um 25 Prozent oder alternativ durch die Schließung der Oper erreicht werden könnten. Ein anderes Szenario sieht vor, dass die TOO GmbH 2014 Insolvenz anmelden muss. Die Folgen wären dramatisch: Verlust an kultureller Substanz, gravierende finanzielle Einbußen für die Mitarbeiter, Schließung einer Sparte, Entlassungen.

Dazu habe ich nun folgende Fragen:

1. Wie bewerten Sie die Arbeit des Kulturkonvents und die Ignorierung seiner Empfehlungen durch das Kultusministerium?
2. Halten Sie die Kürzung des Kulturetats für gerechtfertigt?
3. Wie bewerten Sie die aufgezeigten Szenarien, um die geforderten Einsparungen in der TOO Halle zu erbringen?
4. Welche Möglichkeiten sehen Sie (auch auf Bundesebene), um den Kulturetat in seiner bisherigen Höhe zu erhalten oder zu erhöhen?
5. Werden Sie sich für die Verankerung des Staatsziels Kultur auf Bundesebene einsetzen?

Ich danke Ihnen für die Beantwortung dieser Fragen und verbleibe mit freundlichen Grüßen

F. Hirschinger

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DIE LINKE

Sehr geehrter Dr. Hirschinger, vielen Dank für Ihre Fragen, die ich Ihnen hiermit sehr gerne beantworte.

1. Wie bewerten Sie die Arbeit des Kulturkonvents und die Ignorierung seiner Empfehlungen durch das Kultusministerium?

Der Kulturkonvent hat aus meiner Sicht eine herausragende Arbeit geleistet. Innerhalb von gut einem Jahr hat er eine präzise Zustandsbeschreibung der kulturellen Situation in Sachsen-Anhalt verfasst und insgesamt 163 konkrete Empfehlungen für die künftige Kulturpolitik abgegeben. Der Konvent hat bei seinen Empfehlungen aus meiner Sicht Kreativität bewiesen, indem er nicht einfach nur mehr Ausgaben für die Kulturförderung gefordert hat, sondern auch Möglichkeiten aufgezeigt hat, wie und wodurch die Einnahmesituation für den Kulturbereich verbessert werden kann. Dass die Landesregierung die Konventsempfehlungen nicht nur ignoriert, sondern diese auch noch durch ihre Kürzungsabsichten konterkariert, ist schlichtweg beschämend und schadet dem Kulturland Sachsen-Anhalt.
Froh bin ich darüber, dass die Landtagsfraktion der Linken in Sachsen-Anhalt ein Kulturfördergesetz in den Landtag einbrachte, worin wesentliche Empfehlungen des Konvents aufgegriffen werden. Noch habe ich die Hoffnung, dass es doch nicht zu den beabsichtigten Kürzungen kommt und stattdessen die Empfehlungen des Kulturkonvents in die Realität umgesetzt werden.

2. Halten Sie die Kürzung des Kulturetats für gerechtfertigt?

Nein. Im Gegenteil. Wie auch der Kulturkonvent bin ich der Auffassung, dass Sachsen-Anhalt ein Kulturland ist. Die reichhaltige Kulturlandschaft und das große kulturelle Erbe sind ein positiver Markenkern Sachsen-Anhalts, mit dem viel mehr „gewuchert“ werden müsste. Die beabsichtigten Kürzungen schaden dem geistig-kulturellem Niveau unseres Landes und widersprechen den Empfehlungen des Kulturkonvents.

3. Wie bewerten Sie die aufgezeigten Szenarien, um die geforderten Einsparungen in der TOO Halle zu erbringen?

Aus meiner Sicht lassen sich die von der Landesregierung anvisierten Kürzungen so gar nicht umsetzen. Man muss immer auch bedenken, dass die Schließung von Einrichtungen hohe Folgekosten mit sich bringt. Anstatt Unmengen an Abfindungen zu zahlen, würde ich immer präferieren, dieses Geld in den Erhalt und Ausbau der Kulturlandschaft zu stecken. Außerdem unterstütze ich die Forderung des Kulturkonvents zur Beendigung der Haustarifverträge bei Theatern und Orchestern. Es kann nicht sein, dass hier weiterhin auf Kosten der Belegschaft gespart wird und sich die Lohnspirale weiter nach unten dreht. Die Schauspielerinnen und Schauspieler, Musikerinnen und Musiker und Balletttänzerinnen und Balletttänzer, die in Halle bei der TOO beschäftigt sind, leisten eine hohe künstlerische Qualität und sollten aus meiner Sicht auch tarifgerecht bezahlt werden!

4. Welche Möglichkeiten sehen Sie (auch auf Bundesebene), um den Kulturetat in seiner bisherigen Höhe zu erhalten oder zu erhöhen?

Auf Landesebene schließe ich mich hier den Forderungen des Kulturkonvents an. Diese wurden von der Linksfraktion im Landtag aufgegriffen und ein entsprechendes Kulturfördergesetz in den Landtag eingebracht. Die hierin verankerte „Kulturförderabgabe“ und der „Kulturgroschen“ würden Mehreinnahmen von mehreren Millionen Euro im Kulturetat ermöglichen. Auch die Bildung von „Kulturregionen“ würde letztendlich bedeuten, dass die Einnahmen im Kulturbereich erhöht werden bzw. Kommunen wie die Stadt Halle bei ihren Kulturausgaben entlastet werden.
Das Kulturfördergesetz sieht die Bildung von Kulturregionen vor und trägt damit den Gedanken der Solidarität weiter. So soll erreicht werden, dass sich künftig auch das Umland, also die Nachbarlandkreise, an der Finanzierung der überörtlich bedeutenden Kultureinrichtungen wie Theater und Orchester mit beteiligt.
Auch auf Bundesebene sehe ich Möglichkeiten, wie der Bund sich stärker an der Kulturförderung engagieren könnte. So unterstütze ich bspw. die Forderung des Kulturkonvents, dass der Bund künftig 50% der Finanzierung der Weltkulturerbestätten trägt. Sachsen-Anhalt hat bekanntlich die größte Dichte an Welterbestätten, und mit den Franckeschen Stiftungen in meiner Heimatstadt Halle wird bald eine weitere hinzukommen. Die stärkere Beteiligung des Bundes würde das Land Sachsen-Anhalt und auch die jeweiligen Kommunen finanziell entlasten.

5. Werden Sie sich für die Verankerung des Staatsziels Kultur auf Bundesebene einsetzen?

Ja! Das haben ich und meine Fraktion DIE LINKE im Bundestag in der Vergangenheit getan. Ich hoffe, dass die Verankerung des Staatsziels Kultur in der kommenden Legislaturperiode mehrheitsfähig wird.

Bei weiteren Fragen würde ich mich sehr freuen, wieder von Ihnen zu hören.

Mit freundlichen Grüßen

Petra Sitte

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