Frage an Petra Zais bezüglich Raumordnung, Bau- und Wohnungswesen

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Petra Zais
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Rüdiger S. •

Frage an Petra Zais von Rüdiger S. bezüglich Raumordnung, Bau- und Wohnungswesen

Sehr geehrte Frau Zais,

als Bürgerinitiative kämpfen wir seit Jahren um unser Wohngebiet Markersdorf mit einem hohen Anteil von Plattenbauten.
Es ist unsere Heimat und wir leben gerne hier und das soll auch so bleiben. Die Folgen eines Bevölkerungsrückganges sollen nun mit einem Schrumpfen von außen nach innen abgefangen werden
Wir halten das für politisch kurzsichtig und gegen kommunales und genossenschaftliches Eigentum gerichtet.
Bürokratisch, technokratische Vorstellungen sollten nicht über die Interessen der Menschen gestellt werden.
Eine Bauweise die heutigen Anforderungen bestens gerecht wird, weil Teilrückbaufähig, preiswert, effektiv und schnell sanierbar, sowie nachhaltig bezahlbare Mieten sichernd, darf nicht in einen Gegensatz zu Gründerzeithäusern gedrängt werden.
Uns geht es um die Erhaltung aller Stadtteile und deren nachhaltiger Entwicklung und Gestaltung, was Veränderungen bis hin zum Rückbau einzelner Gebäude, wenn notwendig, weil von den Menschen nicht angenommen, mit einschließt.
Auch wenn wir erreicht haben, das die Akteure vor Ort die eignen Positionen überdacht und korrigiert haben, schwebt über uns immer noch das Schwert des "Rückbaus von außen nach innen", das ist eine entscheidende Belastung unserer Lebensqualität.
Wie positionieren Sie sich in dieser Frage?

Mit freundlichen Grüßen

Rüdiger Schaufuß

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Schaufuß,

herzlichen Dank für Ihre Anfrage über abgeordnetenwatch.de. 

Bereits seit Mitte der 1990er Jahre engagiere ich mich für die Entwicklung der Stadtteile des ehemaligen Heckert-Gebietes und das oft gegen den Widerstand auch in den eigenen Reihen. Viele sehen zwischen Platte und Gründerzeitbau einen unüberbrückbaren Graben. Ich bin überzeugt davon, dass eine lebendige und urbane Stadt beides braucht. Da ich selbst lange am Flughafen gewohnt habe, weiß ich um die gute Funktionalität der Wohnungen und auch die Infrastruktur hat lange gestimmt. Meine Kinder konnten in unmittelbarer Wohnungsnähe die Kita und die Schule besuchen, Arzt, Post, Friseur und Blumenladen waren gleich um die Ecke. Mangel gab es an Spielplätzen und die hohe Autodichte im Wohngebiet war auch nicht meins. Trotzdem war ich der Auffassung, dass die Stadtteile ein großes Entwicklungspotential für das Wohnen in der Zukunft hatten.
 
Stadtentwicklung nach der Wende war jedoch lange geprägt von einseitigen Reaktionen der Stadt und bestimmter Gruppen von Wohnungseigentümern auf Leerstand und Bevölkerungsrückgang. Massive, vom Staat geförderte Abrissprogramme für Wohnungen sorgten für eine "gelenkte Marktbereinigung" zu Gunsten der Eigentümer. In der Folge mussten auch Schulen und Kitas, soziale Einrichtungen und  Nahversorgungseinrichtungen geschlossen werden. Mit dem Abriss großer Wohnungsbestände entstand zwar Platz, allerdings wurde dieser "Luxus der Leere" nicht immer so gut genutzt, wie es zum Beispiel die WG Einheit mit ihrem Wohnpark "Markersdorfer Oase" getan hat. Am meisten an dieser "Abrissdebatte" hat mich immer geärgert, dass die Menschen außen vor gelassen wurden, Wie Verschiebemasse, die nach Bedarf und Marktlage umgesiedelt werden kann. 

Mittlerweile haben auch andere Eigentümer erkannt, welches Potential die Stadtteile bieten und wie gut die Bausubstanz dafür geeignet ist, sich an neue Bedürfnisse der MieterInnen anzupassen. Auch für die Infrastruktur entstehen neue Möglichkeiten, wie z. B. das dezentrale Nahwärmesystem auf der Grundlage eines mit Biogas betriebenen BHKW der WG Einheit am Eisenweg.

Im Stadtrat habe und werde ich mich genau so wie Sie,  immer für die Gebiete einsetzen. Die erneute Debatte um weiteren Rückbau kann ich angesichts der in anderen Ballungszentren ausufernden Wohnungsnot nicht nachvollziehen. Wir werden - da bin ich mir ziemlich sicher - über unseren Platz-Luxus noch froh sein. Er bietet Chancen für Stadtentwicklung, die weit über unser Lebensalter hinaus gedacht werden muss.   

Mit freundlichen Grüßen

Petra Zais