Sehr geehrter Herr Kauselmann,

Vielen Dank für Ihre Anfrage vom 02.03.2012, auf die ich hiermit höflich Bezug nehmen möchte.

Man kann davon ausgehen, dass bei informellen Treffen wie diesem zwar über politische Richtungsentscheidungen diskutiert wird, de facto aber keine Beschlüsse gefasst werden, weil die Konferenz dazu nicht legitimiert ist. Wenn es im Rahmen der dortigen Gespräche zu gemeinsamen Zielsetzungen kommt, ist die Umsetzung Sache der einzelnen nationalen Entscheidungsträger, also der Parlamente und Regierungen. So wird z.B. vermutet, dass britische Vertreter auf der Konferenz versprochen haben, sich für den Beitritt zur Euro-Zone einzusetzen, was bekanntermaßen nicht funktioniert hat.

Die Bilderberg-Konferenz ist also keinesfalls derart übermächtig, wie sie manchmal dargestellt wird, sondern stellt eine informelle Gesprächsplattform dar. Man kann sagen, dass auf solchen Treffen die Machtverhältnisse gespiegelt, nicht "geschaffen" werden - d.h. es treffen sich dort Vertreter aus Politik und Wirtschaft zum Austausch, nicht um neue Machtverhältnisse zu kreieren. Die Berichterstattung über diese Treffen im Internet ist zudem nicht immer seriös.

David Rockefeller hat übrigens als regelmäßiger Teilnehmer über das Bilderberg-Treffen in freier Übersetzung gesagt: In Wahrheit treffen sich dort Interessenvertreter aus Europa und Nordamerika, um signifikante Belange beider Seiten zu diskutieren, ohne dabei einen Konsens zu erreichen.

Ich hoffe, ich konnte Ihre Anfrage mit dieser Ausführung meiner Ansichten beantworten und verbleibe mit freundlichen Grüßen,

Ihr Rainer Wieland

http://www.dradio.de/dlf/sendungen/hintergrundpolitik/1195261/
http://bilderberger-konferenzen.de.tl/

Rockefeller, David (2002): Memoirs. Random House: New York.
"The Truth is that Bilderberg is really an intensely interesting annual disussing group that debates issues of a significance to both Europeans and North America - wihout reaching consens." (Rockefeller 2002: 411).